1.11.2024
Wiener Erklärung sorgt für innenpolitischen Konflikt

Die "Wiener Erklärung": Kritik an gemeinsamer Erklärung von FPÖ und Orbán

Die gemeinsame Erklärung von FPÖ-Chef Herbert Kickl und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, die sogenannte "Wiener Erklärung", hat in Österreich für heftige Kritik gesorgt. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wird Kickl von der regierenden ÖVP "politische Amtsanmaßung" vorgeworfen, da er die Erklärung im Namen Österreichs unterzeichnet habe, obwohl die FPÖ nicht Teil der Regierung ist. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker betonte, Kickl könne nicht für Österreich sprechen, da er keine offizielle Funktion innehabe, die ihn dazu berechtige.

In der "Wiener Erklärung" bekräftigen "Ungarn und Österreich" ihre "nachbarschaftliche Freundschaft sowie ihre geschichtlich und kulturell bedingte unerschütterliche Verbundenheit". Wie dpa meldet, handelt es sich bei dem Text um eine Zusammenfassung der wichtigsten gemeinsamen Prinzipien der FPÖ und Orbáns Fidesz-Partei in Bezug auf Europa. Beide Parteien hatten Ende Juni die rechte EU-Fraktion "Patrioten für Europa" gegründet.

Die FPÖ wurde bei den Wahlen Ende September mit 28,2 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, findet aber bislang keinen Koalitionspartner. Die Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung laufen noch. Die derzeitige Koalition aus ÖVP und Grünen verfügt im neuen Parlament nicht mehr über eine Mehrheit.

Zentrale Punkte der "Wiener Erklärung"

Die "Wiener Erklärung" betont die "besondere Verantwortung des abendländischen Charakters unseres Kontinentes" und sieht diesen durch "illegale Migration" und den "Missbrauch des Asylrechts" bedroht. Ein Ausbau der EU-Institutionen und ein Brüsseler Zentralismus werden abgelehnt. Stattdessen soll Brüssel "an politischer Bedeutung verlieren" und die "direkte Demokratie und Parlamentarismus in den Heimatstaaten" gestärkt werden.

Weiterhin sprechen sich die Unterzeichner gegen die Anerkennung von weiteren Geschlechtern neben Mann und Frau aus und fordern ein schnelles Ende der Kriege in der Welt. Europa solle sich als Ort für Verhandlungen anbieten und damit dem ursprünglichen Konzept einer "EU als Friedensunion" gerecht werden.

Scharfe Kritik aus dem politischen Spektrum

Die Kritik an der "Wiener Erklärung" und dem Treffen zwischen Orbán und Kickl, das vom neuen Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz (FPÖ) organisiert wurde, kommt aus verschiedenen politischen Richtungen. Neben der ÖVP kritisierten auch SPÖ, Grüne und Neos den Besuch Orbáns und die Unterzeichnung der Erklärung durch Kickl. So betonte SPÖ-Chef Andreas Babler, dass Rosenkranz seiner Rolle als Nationalratspräsident nicht gerecht werde, wenn er einen Mann empfange, der sein Land in eine "korrupte Elitenherrschaft" umgebaut habe. Auch Grüne-Klubobfrau Sigrid Maurer kritisierte Kickl scharf und betonte, dass dieser nicht für Österreich sprechen könne.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wiederum forderte den Rücktritt von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) aufgrund dessen scharfer Kritik an Orbán. Kogler hatte Orbán unter anderem als "Antidemokraten, Antieuropäer und Putin-Versteher" bezeichnet. Maurer wies die Rücktrittsforderungen zurück und verteidigte Koglers Recht auf Meinungsfreiheit.

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