Aleppo, einst Sinnbild der Zerstörung im syrischen Bürgerkrieg, ist wieder Zentrum heftiger Auseinandersetzungen. Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte melden, dass die Regierungstruppen die Kontrolle über die Millionenstadt verloren haben, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Laut Rami Abdel-Rahman, dem Leiter der Beobachtungsstelle, befindet sich fast ganz Aleppo in der Hand eines Rebellenbündnisses unter Führung der islamistischen Organisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS). Lediglich vier Stadtviertel, die von kurdischen Milizen gehalten werden, sind von der Eroberung ausgenommen. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt ihre Angaben auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien. Die ZEIT berichtete am 1. Dezember 2024, dass diese Entwicklung eine dramatische Wende im nunmehr 14 Jahre andauernden Konflikt darstellt.
Damit ist Syriens zweitgrößte Stadt erstmals seit Jahren nicht mehr unter der Kontrolle der Regierung von Präsident Baschar al-Assad, obwohl einige Stadtteile schon länger von kurdischen Kräften kontrolliert werden. Die Offensive der Rebellen startete Mitte der Woche in der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens, dem Rückzugsgebiet zahlreicher Rebellengruppen nach der Rückeroberung Aleppos durch die syrische Armee im Dezember 2016. Innerhalb weniger Tage konnten die Aufständischen beträchtliche Geländegewinne im Umland von Idlib und Aleppo verzeichnen. Wie Radio RST berichtete, gelang es der Rebellenallianz bereits in der Nacht zum Samstag, große Teile Aleppos einzunehmen.
Die syrische Staatsagentur Sana meldete unter Berufung auf die Armee, dass das Militär einen Gegenangriff vorbereite. Auch die russische Luftwaffe, Verbündeter Assads, führte erstmals seit 2016 wieder Luftangriffe auf Aleppo durch. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte die anhaltenden Luftangriffe am Sonntag, die auch Orte in der Region Idlib trafen. Aktivisten der Weißhelme, des syrischen Zivilschutzes, sprachen von mindestens vier Toten und 54 Verletzten unter der Zivilbevölkerung. Auch T-Online berichtete über die Ereignisse und die damit verbundene erneute Eskalation des Konflikts.
Die Einnahme Aleppos durch die Rebellen bedeutet eine erhebliche Eskalation des Bürgerkriegs. Zwischen 2012 und 2016 wurde die Stadt in den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen fast vollständig zerstört. Mit Unterstützung Russlands und des Irans gelang es der Regierung 2016, die Rebellen aus den östlichen Stadtteilen zu vertreiben und die Kontrolle über ganz Aleppo zurückzuerlangen. Teile der zerstörten Stadt wurden in der Folge wiederaufgebaut, und heute leben in Aleppo etwa 2,5 Millionen Einwohner. Die aktuelle Offensive ist der erste Angriff der Assad-Gegner auf die Stadt seit 2016. Beobachter gehen davon aus, dass die Rebellen eine Schwäche der mit Assad verbündeten proiranischen Milizen und des Irans ausgenutzt haben. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete ebenfalls über die Offensive und die möglichen Hintergründe.
Der syrische Bürgerkrieg, der 2011 begann, hat das Land tief gespalten. Assad kontrollierte zuletzt mit Unterstützung Russlands und des Irans etwa zwei Drittel des Landes, während der Nordwesten teilweise unter der Kontrolle von Oppositionskräften steht. Eine politische Lösung für den Konflikt ist nicht absehbar.
Quellen: - ZEIT ONLINE - Radio RST - T-Online - Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) - inSüdthüringen.de - RNZ - Neue Westfälische - WNOZ - General-Anzeiger Bonn - Deutsche Presse-Agentur (dpa)