19.10.2024
Migrationspolitik im Fokus: Scholz betont Ernsthaftigkeit der Kooperation

Migrationspolitik: Scholz: Kooperationsangebot ehrlich gemeint

In den letzten Wochen hat die Migrationspolitik in Deutschland erneut an Brisanz gewonnen. Bundeskanzler Olaf Scholz und die Unionsfraktion im Bundestag haben ihren ernsthaften Willen betont, gemeinsam Lösungen zur Eindämmung der irregulären Migration zu finden. Trotz dieser Bekundungen bleibt jedoch unklar, ob ein für Dienstag geplantes Treffen zwischen der Bundesregierung, der Union und Vertretern der Bundesländer zustande kommt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, äußerte Bedenken hinsichtlich der Rechtssicherheit von Zurückweisungen und forderte weitere Informationen von der Regierung.

Bereits in der vergangenen Woche hatten sich Vertreter der Regierung, der Unionsfraktion und der Bundesländer zu Gesprächen getroffen. Am Montag kündigte Innenministerin Nancy Faeser vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen an, um die Zahl unerlaubter Einreisen zu reduzieren. Diese Kontrollen sollen am 16. September beginnen und zunächst für sechs Monate gelten. Die Regierung hat zudem ein Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt, welches Faeser der Unionsfraktion vorstellte und vertrauliche Gespräche dazu anbot.

Erwartungen an ein EU-weites Vorgehen

Frei betonte in den ARD-„Tagesthemen“, dass die Ministerin ihm in einem Telefonat bedauerlicherweise keine Details zu den geplanten Maßnahmen nennen konnte. In der vergangenen Woche wurde vereinbart, dass die Regierung ihre Rechtsposition zu den Zurückweisungen an der Grenze mitteilen sollte. Für die Union sind diese Zurückweisungen ein entscheidendes Kriterium, um zu entscheiden, ob weitere Gespräche sinnvoll sind.

Die Union ist überzeugt, dass ihre Auffassung mit dem EU-Recht vereinbar ist. Frei rechnet mit einem Dominoeffekt: Sollte Deutschland Menschen zurückweisen, würden auch andere Länder ähnliche Maßnahmen ergreifen. Dies könnte innerhalb von Tagen, wenn nicht Stunden, zu einem effektiveren europäischen Außenschutz führen, so der CDU-Politiker. Er betonte, dass es eine große Leistung für Deutschland und die Menschen hier wäre, wenn es gelänge, an dieser Stelle Fortschritte zu erzielen. Eine ehrliche Lösungsfindung müsse jedoch von beiden Seiten kommen.

Kanzler Scholz betont Ernsthaftigkeit des Angebots

Kanzler Scholz versicherte, dass die Regierung es ernst mit den gemeinsamen Lösungen meine. „Wir würden uns auch freuen, wenn wir da noch was gemeinsam machen können, auch mit der Opposition“, sagte der SPD-Politiker beim Sommerfest der Parteizeitung „Vorwärts“. Er fügte hinzu, dass das Angebot von Seiten der SPD ehrlich gemeint sei und es nicht an ihnen liegen werde, falls es nicht klappt.

Scholz wies darauf hin, dass die Bundesregierung bereits Gesetze auf den Weg gebracht habe, einschließlich eines kürzlich vorgelegten Sicherheitspakets. Dieses Paket sieht Maßnahmen für eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer vor, sowie Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht. Diese Themen sollen bereits am Donnerstag im Bundestag beraten werden.

Kritik von den Grünen und anderen Parteien

Die Haltung der Union wird von den Grünen scharf kritisiert. Irene Mihalic, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, bezeichnete die Vorgehensweise der Union als „Erpressungsversuche“. Sie verglich das Verhalten von Unionsfraktionschef Friedrich Merz mit dem eines „trotziges Kindes“. Die Grünen haben angekündigt, der Einladung der Innenministerin zu Gesprächen zu folgen.

Die von Faeser angeordneten vorübergehenden Kontrollen an den deutschen Landgrenzen wurden von Unionsvertretern aus den Bundesländern begrüßt. Dennoch forderten einige, wie Hessens Ministerpräsident Boris Rhein und Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul, auch Zurückweisungen an den Grenzen. Reul betonte die Notwendigkeit eines „umsichtigen“ Handelns, um die „wunderschöne Errungenschaft offener Grenzen in Europa“ zu bewahren. SPD-Chefin Saskia Esken erklärte, dass es notwendig sei, die irreguläre Migration auf wasserdichte Grundlagen zu begrenzen, wobei Deutschland jedoch auch ein „freundliches Gesicht“ zeigen sollte.

Reaktionen aus der Gewerkschaft und der Wirtschaft

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte Skepsis gegenüber Faesers Ankündigung zu den Grenzkontrollen. Der Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, stellte die Umsetzbarkeit angesichts der bereits hohen Auslastung der Polizeikräfte in Frage. „Das wird eine sehr sportliche Herausforderung“, sagte er. Auch in der Wirtschaft gibt es Bedenken: Einschränkungen der Personenfreizügigkeit könnten Verzögerungen und damit Kostensteigerungen mit sich bringen, erklärte Dirk Jandura, Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands (BGA).

Die Migrationspolitik bleibt ein zentrales Thema in der politischen Debatte in Deutschland. Die kommenden Tage und Wochen werden entscheidend sein, um zu sehen, ob es den beteiligten Parteien gelingt, zu einem Konsens zu kommen und effektive Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich Migration zu entwickeln.

Quellen: dpa, SZ.de, RND.de

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