Angesichts steigender geopolitischer Unsicherheiten investieren Milliardäre vermehrt in etablierte Anlageklassen wie Immobilien und Gold. Dies geht aus der Milliardärsstudie 2024 der Schweizer Bank UBS hervor, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 05.12.2024 berichtete. Für die Studie befragte die UBS, einer der weltweit größten Vermögensverwalter, 82 Milliardäre aus verschiedenen Teilen der Welt und analysierte zusammen mit der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC die Vermögen von mehr als 2500 Milliardären.
Etwa 43 Prozent der befragten Milliardäre planen demnach, ihre Immobilieninvestments in den nächsten zwölf Monaten zu erhöhen. 40 Prozent wollen verstärkt in Gold und andere Edelmetalle investieren. Maximilian Kunkel, Co-Autor der Studie und UBS-Chefanlagestratege für Deutschland, interpretiert dies als Reaktion auf die wachsenden geopolitischen Risiken und die Sorge vor sinkenden Aktienkursen. Investoren, die weiterhin auf Aktien setzen, fokussieren sich laut Kunkel hauptsächlich auf Industrieländer.
„Die durch die Zinsentwicklung gesunkenen Finanzierungskosten und der strukturelle Angebotsmangel machen Immobilien für Anleger immer attraktiver“, erklärte Kunkel gegenüber der F.A.Z. Besonders gefragt seien Wohnimmobilien sowie Gewerbeimmobilien, insbesondere Rechen- und Logistikzentren. Neben der Geopolitik motivieren die steigende Staatsverschuldung und die Möglichkeit einer Konjunkturabschwächung die Milliardäre langfristig zur Risikominimierung. In diesem Kontext gilt Gold als sichere Anlage. Kunkel beobachtet einen allgemeinen Trend hin zu sicheren Anlagen, darunter auch Staats- und Unternehmensanleihen aus Industrieländern mit kürzeren und mittleren Laufzeiten.
Die Studie zeigt außerdem, dass sich die Anzahl der Dollar-Milliardäre in den letzten zehn Jahren von 1757 auf 2682, also um mehr als die Hälfte, erhöht hat. Die meisten dieser Superreichen leben in den USA (835), gefolgt von Festlandchina (427), Indien (185) und Deutschland (117). Das Gesamtvermögen der Milliardäre ist seit 2015 um 121 Prozent auf 14 Billionen Dollar angewachsen, während der MSCI AC World Index, ein globaler Aktienindex, im selben Zeitraum nur um 73 Prozent zulegte.
Wie dpa-AFX am 05.12.2024 meldete, entwickelten sich die Vermögen der Milliardäre somit deutlich besser als der Aktienmarkt. Kunkel begründet dies mit dem Erfolg von Unternehmertum. Etwa 70 Prozent der aktuellen Großverdiener seien Selfmade-Unternehmer der ersten Generation. „Durch Innovationen mit Kommerzialisierungspotenzial wird deutlich mehr Wert geschaffen als bei bereits etablierten Unternehmen“, so Kunkel. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der amerikanischen Tech-Milliardäre, deren Vermögen sich laut Studie in zehn Jahren auf 2,4 Billionen Dollar verdreifacht hat.
Die Schwerpunkte der Tech-Branche haben sich dabei verlagert. Standen vor einigen Jahren noch E-Commerce, soziale Medien und digitale Zahlungsmethoden im Vordergrund, sind es nun generative Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Fintech, 3D-Druck und Robotik. Die hohen finanziellen und technologischen Einstiegsbarrieren in diesen Bereichen begünstigen die Vermögenskonzentration: Die hundert reichsten Milliardäre besitzen 36 Prozent des gesamten Milliardärsvermögens, im Vergleich zu 32,4 Prozent im Jahr 2015.
In Deutschland leben der Studie zufolge aktuell 117 Milliardäre, neun mehr als im Vorjahr. Ihr Gesamtvermögen stieg innerhalb eines Jahres um 10 Prozent auf 546 Milliarden Dollar. Der Anteil der Selfmade-Milliardäre liegt in Deutschland mit 28 Prozent allerdings deutlich unter dem globalen Durchschnitt. Für Kunkel deutet dies darauf hin, dass die Rahmenbedingungen für Unternehmertum in Deutschland weniger günstig sind als in anderen Ländern. In den USA liegt der Anteil der Selfmade-Milliardäre bei 73 Prozent, in der Schweiz bei knapp 57 Prozent.
Laut Kunkel spielt das unternehmerische Umfeld auch eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Wohnsitzes von Superreichen. Seit 2020 haben 176 Milliardäre mit einem Gesamtvermögen von über 400 Milliarden Dollar ihren Wohnsitz verlegt, hauptsächlich in die Schweiz, die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA und nach Singapur. Als wichtige Faktoren bei der Standortwahl nennt die UBS-Studie die Qualität der medizinischen Versorgung, die Steuerbelastung, die politische Stabilität, das Bildungssystem und das Erbrecht.
Seit 2021 stagniert die Zahl der Milliardäre weltweit, und ihr Vermögen wächst deutlich langsamer als zuvor. Dies liegt insbesondere an der Entwicklung in China, wo sich die Bedingungen für Unternehmer verschlechtert und die Immobilienpreise stark gefallen sind. Das Vermögen der Superreichen in Festlandchina und Hongkong sank 2024 um 17 Prozent auf 1,8 Billionen Dollar, und die Anzahl der Milliardäre in dieser Region ging von 588 auf 501 zurück. In Indien hingegen stieg die Zahl der Milliardäre von 153 auf 185.
Die Zahl der Milliardärinnen ist von 2015 bis 2024 von 190 auf 344 gestiegen, ihr Vermögen wuchs um 153 Prozent auf 1,7 Billionen Dollar. Kunkel sieht darin eine natürliche Entwicklung, die das zunehmende Engagement von Frauen im Unternehmertum widerspiegelt.
Die Autoren der Studie schätzen, dass Milliardäre ab einem Alter von 70 Jahren in den nächsten 15 Jahren 6,3 Billionen Dollar vererben werden, hauptsächlich an Familienmitglieder oder wohltätige Organisationen.
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