Die Zahl der aufgedeckten Mindestlohnverstöße steigt bundesweit. Wie die Zeit am 25. Oktober 2024 berichtete, verzeichnete Niedersachsen im Jahr 2023 einen besonders starken Anstieg der Ordnungswidrigkeitsverfahren um knapp 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Demnach wurden 736 Verfahren eingeleitet, während es 2022 noch 531 waren. Diese Zahlen basieren auf einer Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Victor Perli an die Bundesregierung. Der NDR berichtete zuerst über diese Entwicklung. Bundesweit lag der Anstieg der Verfahren bei etwa 23 Prozent.
Gleichzeitig sank die Zahl der durchgeführten Arbeitgeberprüfungen. Von den rund 290.100 Unternehmen, die der Zoll in Niedersachsen zu überprüfen hat, wurden 2023 nur etwa 3.700 kontrolliert. Das entspricht einem Anteil von 1,3 Prozent, verglichen mit 1,5 Prozent im Jahr 2022. Der Linken-Politiker Perli kritisierte diese Entwicklung und bezeichnete Mindestlohnbetrug als "Wirtschaftskriminalität und Sozialversicherungsbetrug". Er forderte mehr Kontrollen, um die Einhaltung des Mindestlohns, der aktuell bei 12,41 Euro liegt, sicherzustellen und betonte, dass durch die Umgehung des Mindestlohns auch Unternehmen geschädigt werden, die sich an die gesetzlichen Vorgaben halten.
Die Problematik des Mindestlohnbetrugs beschränkt sich nicht nur auf Niedersachsen. Auch in anderen Bundesländern zeigen sich ähnliche Entwicklungen. So berichtete die Augsburger Allgemeine am 23. Juli 2021 über 647 eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Mindestlohnverstößen in Bayern im Jahr 2020. Besonders betroffen war die Baubranche. Die Frankfurter Rundschau berichtete am 6. August 2024 über einen Anstieg der Verfahren in Nordrhein-Westfalen um fast 11 Prozent im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr, trotz sinkender Kontrollzahlen. Auch hier forderte die Linke mehr Kontrollen und eine Erhöhung des Mindestlohns.
Die Debatte um den Mindestlohn dreht sich nicht nur um die Kontrolle der Einhaltung, sondern auch um seine Höhe. ver.di fordert eine Anhebung auf 15 Euro pro Stunde, wie auf ihrer Webseite am 14. Mai 2024 zu lesen war. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf eine EU-Richtlinie, die einen Mindestlohn von 60 Prozent des Median-Einkommens vorsieht. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz unterstützt diese Forderung. Kritiker argumentieren, dass eine zu starke Erhöhung des Mindestlohns Arbeitsplätze gefährden könnte. Die Diskussion um die angemessene Höhe des Mindestlohns wird weiterhin geführt.