19.10.2024
Missak Manouchian und die Ehre des Pantheons: Ein Zeichen gegen das Vergessen
In Frankreich erfolgte eine historische Ehrung, die in der Tat eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlägt. Missak Manouchian, ein armenischer Widerstandskämpfer und Dichter, der im Jahr 1944 von NS-Soldaten nahe Paris hingerichtet wurde, wird posthum eine der größten Anerkennungen Frankreichs zuteil: die Aufnahme ins Pantheon. Dieser Akt symbolisiert nicht nur die Würdigung eines Einzelnen, sondern steht repräsentativ für die Anerkennung aller ausländischen Widerstandskämpfer, die im Kampf gegen die Besatzung ihr Leben ließen. Missak Manouchian, geboren 1906, war einer der vielen Menschen, die den Völkermord an den Armeniern überlebten und in Frankreich Schutz suchten. Nachdem er sich in Paris niedergelassen hatte, fand er Arbeit in einer Citroën-Fabrik und engagierte sich gewerkschaftlich sowie kulturell. Seine politische Prägung erhielt er durch die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Frankreichs und die Teilnahme am Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht während des Zweiten Weltkriegs. Als Leiter des Pariser Netzwerks FTP-MOI, einer Gruppe aus überwiegend ausländischen Widerstandskämpfern, trug Manouchian maßgeblich zur Durchführung von Anschlägen gegen die NS-Besatzung bei. 1944 wurde er zusammen mit 22 weiteren Mitgliedern seiner Gruppe gefasst und nach einem Scheinprozess hingerichtet. Ihre Gesichter prangten auf dem berüchtigten "Affiche Rouge" (Rotes Plakat), einem Propagandaversuch der Nazis, der paradoxerweise zur Ikone des französischen Widerstandes avancierte. Die Pantheonisierung, eine Zeremonie, durch die Frankreich denjenigen Tribut zollt, die einen prägenden Einfluss auf die französische Geschichte und Kultur hatten, wird Manouchian und seiner Frau Mélinée am 21. Februar 2024 zuteil – genau 80 Jahre nach seiner Hinrichtung. Diese Aufnahme in die Ruhmeshalle Frankreichs, wo bereits Größen wie Victor Hugo, Voltaire und Marie Curie ihre letzte Ruhestätte fanden, ist ein starkes Zeichen der nationalen Anerkennung und des Gedenkens. Manouchians Beitrag zum Widerstand und zur Geschichte Frankreichs wurde bereits von verschiedenen Historikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gewürdigt. Seine Poesie, die durch das Lied "L'Affiche Rouge", interpretiert von Léo Ferré, bekannt wurde, hat ihn schon vor Jahrzehnten ins kollektive Gedächtnis der Franzosen eingebracht. Dies unterstreicht, wie Kultur und Erinnerungspolitik Hand in Hand gehen können, um die Vergangenheit zu ehren und gleichzeitig die Gegenwart und Zukunft zu prägen. Die Ankündigung der Pantheonisierung fand breite Unterstützung über das politische Spektrum hinweg, was die symbolische und vereinende Kraft dieser Entscheidung unterstreicht. Die Geste ist somit mehr als nur eine Ehrung Manouchians – sie ist eine Anerkennung der Bedeutung des ausländischen Widerstands für Frankreichs Freiheit und Unabhängigkeit und ein klares Zeichen gegen das Vergessen. Die Zeremonie zur Aufnahme Manouchians und der Inschrift seiner Kampfgefährten ins Pantheon wird von staatlichen Institutionen, kulturellen Einrichtungen und der Zivilgesellschaft begleitet. Ausstellungen, Publikationen und öffentliche Veranstaltungen fördern das Gedenken und schaffen Räume des Austauschs und der Reflexion über die Geschichte. Das Gedenken an Missak Manouchian und seine Mitstreiter zeigt, dass die Erinnerungskultur in Frankreich lebendig ist und dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Widerstands gegen den Nationalsozialismus und die Wertschätzung für die Opfer dieses dunklen Kapitels der Geschichte weiterhin eine zentrale Rolle im kollektiven Bewusstsein des Landes spielt.
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