Premierminister Michel Barniers Regierung steckt in einer ernsten politischen Krise. Am Nachmittag des 4. Dezember 2024 findet in der Nationalversammlung ein Misstrauensvotum statt, das sein Ende bedeuten könnte. Die dpa berichtet von einer hohen Wahrscheinlichkeit für einen Sturz der Mitte-Rechts-Regierung.
Auslöser ist der Konflikt um den geplanten Sparhaushalt. Barnier hatte den umstrittenen Verfassungsartikel 49.3 angewendet, um den Sozialetat ohne parlamentarische Abstimmung zu verabschieden. Wie tagesschau.de am 4. Dezember 2024 berichtete, warb Barnier im Fernsehen für einen „Reflex der Verantwortung“ und warnte vor den Konsequenzen eines Regierungssturzes. Er betonte die negativen Folgen für die französischen Bürger, zum Beispiel das Ausbleiben geplanter Steuersenkungen.
Die Chancen für den Erfolg des Misstrauensvotums stehen laut dpa gut. Sowohl das linke Lager als auch die Rechtsnationalen unter Marine Le Pen, die die Minderheitsregierung bisher toleriert hatten, haben Misstrauensanträge gestellt. Gemeinsam verfügen sie über die erforderliche absolute Mehrheit von 289 Stimmen. stern.de analysierte am 4. Dezember 2024, dass ein gemeinsames Vorgehen des Rassemblement National und des Linksbündnisses NFP zum Sturz der Regierung führen könnte.
Ein Regierungssturz würde auch Präsident Emmanuel Macron, der Barnier ernannt hat, unter Druck setzen. Das ZDF berichtete am 2. Dezember 2024, dass ein solcher Ausgang Macron zu vorgezogenen Präsidentschaftswahlen bewegen könnte, die regulär erst 2027 stattfinden sollen. Macron selbst kann nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.
Im Falle eines erfolgreichen Misstrauensvotums müsste Barnier zurücktreten. Die dpa meldet, dass Macron die Ministerinnen und Minister voraussichtlich geschäftsführend im Amt belassen würde, bis eine neue Regierung gebildet ist. Diese könnte dann laufende Geschäfte erledigen, aber keine neuen Initiativen starten. Die Regierungsbildung dürfte sich angesichts der komplizierten Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung schwierig gestalten. Wie stern.de am 4. Dezember 2024 ausführte, verfügt weder das Mitte-Lager noch das linke Lager oder die Rechtsnationalen mit ihren Verbündeten über eine eigene Mehrheit.
tagesschau.de berichtete am 3. Dezember 2024, dass Barnier versucht hatte, auf Forderungen des RN einzugehen, beispielsweise durch den Verzicht auf eine Erhöhung der Stromsteuer. Dies reichte jedoch nicht aus, um Le Pens Partei umzustimmen. Laut ZDF vom 2. Dezember 2024 hatte der RN im Verhandlungsverlauf immer weitergehende Forderungen gestellt.
Ein Sturz der Regierung wäre in der jüngeren Geschichte Frankreichs ein ungewöhnliches Ereignis. Die dpa berichtet, dass Abgeordnete zuletzt 1962 mit einem Misstrauensvotum erfolgreich waren, als sie Premierminister Georges Pompidou das Vertrauen entzogen. Regierungswechsel während einer Legislaturperiode sind in Frankreich zwar üblich, werden aber in der Regel nicht durch ein Misstrauensvotum ausgelöst.
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