19.10.2024
Mittelstand im Wandel: Indien als neuer Partner im Außenhandel
Umfrage zum Außenhandel: Mittelstand setzt verstärkt auf Indien

Umfrage zum Außenhandel: Mittelstand setzt verstärkt auf Indien

In einer aktuellen Sonderumfrage der DZ Bank, die mehr als 1000 Geschäftsführer und Entscheidungsträger befragte, zeigt sich ein deutlicher Trend deutscher Mittelständler hin zu Indien als bevorzugtem Partner für die Neuausrichtung ihrer Lieferketten. Während der Standort USA an Attraktivität einbüßt, gewinnt Indien zunehmend an Bedeutung. Die Umfrageergebnisse lassen darauf schließen, dass 15 Prozent der Unternehmen beabsichtigen, ihre Handelsbeziehungen mit Indien in den nächsten fünf Jahren auszubauen. Im Vergleich dazu hatten bei einer Erhebung im Herbst 2022 nur gut 10 Prozent der Befragten ähnliche Absichten geäußert. Dies macht Indien zum interessantesten außereuropäischen Markt für den deutschen Mittelstand.

Wachstumsdynamik und Diversifizierung der Lieferketten

Die gestiegene Beliebtheit Indiens ist unter anderem auf die starke Wachstumsdynamik des Landes zurückzuführen. Viele Unternehmen haben erkannt, dass Indien nicht nur ein großer Absatzmarkt ist, sondern auch eine wertvolle Quelle für Produktionskapazitäten darstellt. Die Umfrage deutet darauf hin, dass besonders große Mittelständler mit einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro an den indischen Markt denken. Fast jeder vierte dieser Unternehmen plant, seine Handelsbeziehungen zu Indien auszubauen.

Die Umfrage fand zwischen dem 5. März und 2. April 2024 statt und spiegelt die Reaktionen der Unternehmen auf verschiedene globale Krisen wider, darunter die COVID-19-Pandemie, der Ukraine-Konflikt und die steigenden Energiepreise. Rund 40 Prozent der befragten Mittelständler gaben an, ihre Lieferketten angesichts dieser Krisen umstrukturieren zu wollen. Die Diversifizierung der Lieferketten wird als eine notwendige Strategie angesehen, um sich gegen zukünftige Unsicherheiten abzusichern.

Die USA im Rückzug: Ein sinkendes Interesse

Im Gegensatz zu Indien scheint das Interesse an den USA zu sinken. Nur noch 12 Prozent der Befragten gaben an, sich verstärkt auf den US-Markt konzentrieren zu wollen, während 9 Prozent planen, sich von dort zurückzuziehen. Dies stellt einen Rückgang im Vergleich zu den 15 Prozent, die im Herbst 2022 eine ähnliche Absicht hatten, dar. Insbesondere die Chemiebranche hat an Interesse verloren, was möglicherweise auf die Normalisierung der Energiepreise in Deutschland zurückzuführen ist.

Die Bedenken hinsichtlich einer möglichen Rückkehr von Donald Trump als Präsident und die damit verbundenen politischen Unsicherheiten könnten ebenfalls zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Höhere Zölle und eine europäische Gegenreaktion auf US-Handelspolitik könnten die USA als Teil der Lieferketten unattraktiver machen, wie von der DZ Bank vermutet.

China bleibt ein wichtiger, aber ambivalenter Partner

In der Umfrage gaben 17 Prozent der Teilnehmer an, dass China in den nächsten fünf Jahren für ihr Geschäft wichtiger werden könnte. Trotz der geopolitischen Spannungen, insbesondere im Hinblick auf Taiwan, bleibt China aufgrund seiner niedrigen Produktionskosten und der engen wirtschaftlichen Verflechtung ein unverzichtbarer Partner für viele Unternehmen. Gleichzeitig plant jedoch jeder zehnte Mittelständler, seine Handelsbeziehungen zu China abzubauen, was auf eine zunehmende Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Marktentwicklung hinweist.

Europa bleibt die wichtigste Handelsregion

Europa bleibt die zentrale Handelsregion für den deutschen Mittelstand. 21 Prozent der Unternehmen gaben an, ihre Lieferketten in Westeuropa ausbauen zu wollen, während 24 Prozent in Mittel- und Osteuropa investieren möchten. Dennoch plant jeder zehnte Mittelständler, seine Lieferketten aus Europa zu verlagern, was darauf hindeutet, dass Unternehmen beginnen, sich wieder aus den „sicheren Häfen“ der europäischen Märkte herauszuwagen.

Fazit

Die Umfrage der DZ Bank verdeutlicht die sich verändernden Prioritäten und Strategien des deutschen Mittelstands in einer globalen Wirtschaft, die von Unsicherheiten geprägt ist. Indien hat sich als ein vielversprechendes Ziel für Unternehmen herauskristallisiert, die ihre Lieferketten diversifizieren und auf neue Märkte ausrichten wollen. Gleichzeitig zeigt sich, dass die USA an Anziehungskraft verlieren, während China trotz seiner Herausforderungen nach wie vor eine wichtige Rolle spielt. Die Entwicklungen in Europa deuten darauf hin, dass Unternehmen auch hier bereit sind, neue Wege zu beschreiten. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Trends in den kommenden Jahren weiterentwickeln werden.

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