19.10.2024
Modi in Kiew: Ein Schritt zur Brückenbildung zwischen Ukraine und Indien

Nach Treffen mit Putin: Modis Umarmung für Selenskyj

Am 23. August 2024 traf der indische Premierminister Narendra Modi zum ersten Mal in der Geschichte einen ukrainischen Präsidenten, als er Wolodymyr Selenskyj in Kiew besuchte. Dieser Besuch fand nur wenige Wochen nach Modis umstrittener Umarmung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin statt, die international für Aufsehen sorgte. Während seines Aufenthalts in Kiew legte Modi eine Puppe an einer Gedenkstätte für die im Krieg getöteten ukrainischen Kinder nieder, was die Tragik des Konflikts unterstrich.

Modi, der als Regierungschef des bevölkerungsreichsten Landes der Welt gilt, hat sich in der Vergangenheit offiziell neutral zu dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verhalten. Indien hat westliche Sanktionen gegen Moskau nicht mitgetragen und plädiert regelmäßig für eine Lösung des Konflikts durch Dialog. Dennoch hat das Land bislang keine konkreten Vorschläge zur Beendigung des Krieges unterbreitet. Diese Neutralität wird von vielen in der Ukraine als problematisch angesehen, da sie die enge Beziehung Indiens zu Russland in Frage stellt.

Bei seinem Besuch in Kiew wurde Modi von Selenskyj empfangen, der ihm die Hand schüttelte und ihn herzlich begrüßte. Modi betonte, dass er die Ukraine unterstützen wolle, ohne jedoch spezifische Maßnahmen anzubieten. Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar erklärte, dass Modi und Selenskyj über die Notwendigkeit eines Dialogs und die Beendigung des Konflikts gesprochen hätten. Beide Politiker erinnerten auch an den Friedensgipfel in der Schweiz, der im Juni stattfand und an dem Russland nicht teilnahm.

Modi und Selenskyj gedenken der Kinder, die durch den russischen Angriffskrieg getötet wurden. Dies geschah an einem Ort, der speziell für die Erinnerung an diese Kinder eingerichtet wurde. Modi äußerte in den sozialen Medien, dass Konflikte für Kinder besonders zerstörerisch seien und sprach den betroffenen Familien sein Mitgefühl aus. Diese Geste wurde als wichtiges Symbol für die menschliche Tragödie des Krieges angesehen.

Die indische Regierung hat in der Vergangenheit den Krieg nicht ausdrücklich verurteilt, sondern lediglich auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Frieden immer die Oberhand behalten sollte. Modi besuchte während seines Aufenthalts in Kiew auch das Denkmal für Mahatma Gandhi, den indischen Verfechter von Gewaltlosigkeit und zivilem Widerstand. Diese Besuche unterstreichen Indiens Bemühungen, eine Balance zwischen seinen Beziehungen zu Russland und dem Westen zu finden.

Indien ist stark von Russland abhängig, insbesondere in Bezug auf militärische Ausrüstung. Trotz dieser Abhängigkeit hat Indien während des Krieges auch zu einem der größten Käufer von russischem Öl avanciert. Diese wirtschaftlichen Beziehungen haben dazu geführt, dass Indien in der internationalen Gemeinschaft als ein wichtiger Akteur wahrgenommen wird, dessen Stimme in geopolitischen Angelegenheiten von Bedeutung ist.

Die Umarmung zwischen Modi und Selenskyj wurde von vielen als Zeichen der Annäherung gedeutet, nachdem die Ukraine zuvor skeptisch gegenüber Indiens neutraler Haltung war. Selenskyj hatte die Nähe Modis zu Putin scharf kritisiert, und die indische Regierung wies diese Kritik zurück, indem sie auf kulturelle Unterschiede hinwies. In vielen asiatischen Ländern ist es üblich, sich bei Begegnungen zu umarmen, was im Westen möglicherweise nicht immer verstanden wird.

Die geopolitische Situation bleibt angespannt, und der Krieg in der Ukraine hat weitreichende Auswirkungen auf die internationale Politik. Indiens Rolle als Vermittler zwischen den Konfliktparteien könnte sich als entscheidend erweisen, sollte es gelingen, einen Dialog zu fördern und eine friedliche Lösung zu finden. Der Besuch von Modi in Kiew könnte als Schritt in diese Richtung gewertet werden, auch wenn konkrete Ergebnisse noch ausstehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Besuch von Narendra Modi in der Ukraine ein symbolisches Ereignis war, das sowohl die Komplexität der geopolitischen Beziehungen als auch die menschlichen Tragödien des Krieges reflektiert. Die indische Regierung steht vor der Herausforderung, ihre Beziehungen zu Russland und dem Westen zu balancieren, während sie gleichzeitig versucht, eine konstruktive Rolle im Ukraine-Konflikt zu spielen.

Quellen: FAZ, Tagesspiegel, Zeit Online, Kurier, VOL.AT

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