Die neapolitanische Pizza erlebt in Deutschland einen Boom. Einst ein Nischenprodukt, ist sie heute in vielen Städten verbreitet, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet. Frankfurter Pioniere haben die Kunst des neapolitanischen „Pizzaiolo“, der 2017 zum Weltkulturerbe erklärt wurde, nach Deutschland gebracht und damit zahlreiche Neueröffnungen von spezialisierten Pizzerien ausgelöst.
Charakteristisch für die neapolitanische Pizza ist die kurze, heiße Backzeit im extrem heißen Ofen. Der Teig muss innerhalb von Sekunden aufgehen, fast schon explodieren, wie Luca De Simone, ein neapolitanischer Pizzabäcker, der F.A.Z. gegenüber erklärt. Dieser Prozess erzeugt die typisch luftige Konsistenz.
Wolfgang Fassbender kritisiert in der NZZ, dass der Hype die Vielfalt der italienischen Pizzabackkunst vernachlässigt. Andere Stile, wie die Pizza Romana, die länger und bei niedrigerer Temperatur gebacken wird, bieten ebenfalls einzigartige Geschmackserlebnisse. Die längere Backzeit führt zu einer knusprigeren Textur und intensiviert den Geschmack, so Fassbender. Auch Experimente mit verschiedenen Mehlen und Sauerteig seien vielversprechend.
Fassbender bemängelt zudem die oft mangelnde Ausbildung der Pizzabäcker. Die Konzentration auf die schnelle Zubereitung der Trend-Pizza gehe oft auf Kosten von Experimentierfreude und der Entwicklung neuer Varianten. Spezialitäten wie Pizza Detroit Style oder St. Louis Style, die sich durch besondere Teige und Zubereitungsarten auszeichnen, blieben so meist den USA vorbehalten.
Auch Berlin spürt den Trend. Kultur24 Berlin berichtet von zahlreichen Neueröffnungen von auf neapolitanische Pizza spezialisierten Pizzerien, die mit verschiedenen Teigvariationen experimentieren. "W-Pizza" bietet beispielsweise Hanfteig für eine würzigere Note an, während "Gazzo" auf einen 48 Stunden fermentierten Sauerteig aus Bio-Mehl für eine bekömmlichere und luftigere Pizza setzt.
Der Blog Berlin Food Explosion empfiehlt das Restaurant "Malafemmena" in Schöneberg für original neapolitanische Pizza in Berlin. Neben Klassikern wie Marinara oder Mortadella e Burrata gibt es dort auch "weiße Pizzen" ohne Tomatensoße und Spezialitäten wie die Pizza Salsiccia e Friarielli mit dem in Berlin eher unbekannten Rübstil.
Domenico Gentile, Betreiber von Cookingitaly.de, betont in der Süddeutschen Zeitung die Wichtigkeit eines Pizzasteins für die Zubereitung original neapolitanischer Pizza zu Hause. Der Stein speichert die Hitze und sorgt für einen knusprigen Boden. Gentile empfiehlt außerdem, den Teig mit wenig Hefe 24 Stunden gehen zu lassen für eine luftige und bekömmliche Pizza.
Der Standard sieht den Trend kritisch und prognostiziert ein baldiges Ende des Hypes. Ähnlich wie beim Burger-Trend eröffne in vielen Städten ein Pizzalokal nach dem anderen.