19.10.2024
Nordirlands Politische Wende: Neue Regierung nach Zweijahreskrise
Nach zweijähriger Krise wieder neue Regierung in Nordirland In Nordirland hat sich nach einer gut zweijährigen politischen Krise wieder eine Regierung gebildet. Das Regionalparlament in Belfast wählte die Abgeordnete Michelle O'Neill von der pro-irischen Partei Sinn Féin zur Regierungschefin. O'Neill kündigte eine neue Ära für Nordirland an und steht nun als erste katholische Politikerin an der Spitze der Regierung. Ihre Partei, die eine Wiedervereinigung mit dem EU-Mitglied Irland anstrebt, muss jedoch mit der größten protestantischen Partei DUP zusammenarbeiten, die weiterhin die politische Union mit Großbritannien befürwortet. Diese Konstellation ist das Ergebnis des Karfreitagsabkommens von 1998, das eine Einheitsregierung der beiden konfessionellen Lager vorsieht und den jahrzehntelangen Bürgerkrieg in Nordirland beendete. Die vorige Regierung in Belfast war auf den Tag genau vor zwei Jahren geplatzt, nachdem die DUP ihre Beteiligung aus Protest gegen Brexit-Sonderregeln für Nordirland verweigert hatte. Sie argumentierte, die Regelung gefährde die Union von Nordirland und Großbritannien. Kürzlich einigte sich die Partei jedoch mit der britischen Zentralregierung auf ein Dokument, das die staatliche Einheit betonte, und gab daraufhin ihren Widerstand auf. Michelle O'Neill wird sich die Macht mit ihrer Stellvertreterin Emma Little-Pengelly von der DUP teilen. Formell sind beide gleichgestellt, doch O'Neill erhält den prestigeträchtigeren Titel. Die Wahl von O'Neill gilt als historischer Schritt für die republikanischen Kräfte in Nordirland und wird von Sinn Féin als Annäherung an das Ziel eines vereinten Irlands gewertet. In der Republik Irland ist Sinn Féin bereits die stärkste Kraft, allerdings verhindern zwei liberal-konservative Parteien dort eine Regierungsbeteiligung der Partei. Die politische Landschaft in Nordirland hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Erstmals leben mehr Katholiken als Protestanten in Nordirland, eine Entwicklung, die sich in der politischen Vertretung widerspiegelt und welche die Unionisten dazu veranlasst, noch intensiver an ihren Positionen festzuhalten. Die Brexit-Sonderregeln hatten für Unruhen gesorgt, doch mit der Einigung zwischen der DUP und der britischen Zentralregierung scheint nun ein neuer Weg für die politische Arbeit in Nordirland geebnet zu sein. Obwohl die Wahl von O'Neill als Regierungschefin von Sinn Féin ein bedeutender Schritt ist, zeigen Umfragen, dass die Skepsis in Bezug auf eine mögliche Vereinigung mit Irland auf nordirischer Seite noch groß ist. Bei einem Referendum würden sich laut einer Umfrage der "Irish Times" Ende 2023 nur 30 Prozent für eine Vereinigung aussprechen, während 51 Prozent dagegen wären. Auch die Führung in der Republik Irland strebt grundsätzlich einen Zusammenschluss an, doch die gesellschaftliche und politische Realität ist komplex und die Herausforderungen einer solchen Vereinigung wären vielschichtig. Die neue Regierung unter der Führung von O'Neill und Little-Pengelly steht vor der Aufgabe, die unterschiedlichen Interessen innerhalb Nordirlands zu vereinen und gemeinsam für das Wohl aller Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politische Landschaft in Nordirland weiterentwickeln wird und ob die neue Regierung die politische Krise dauerhaft beenden kann.
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