September 9, 2024
Neuer Gesetzesentwurf stärkt Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz

Strukturen für den Ernstfall: Mehr Landesbefugnisse im Katastrophenfall vorgesehen

Rund zwei Jahre nach der verheerenden Flutkatastrophe an der Ahr hat die rheinland-pfälzische Landesregierung einen entscheidenden Schritt zur Reform des Brand- und Katastrophenschutzes unternommen. Ein neuer Gesetzesentwurf, der von Ministerpräsident Alexander Schweitzer und Innenminister Michael Ebling (beide SPD) in Mainz vorgestellt wurde, sieht umfassende Änderungen vor, die darauf abzielen, die Strukturen und Zuständigkeiten im Katastrophenfall zu verbessern.

Der Entwurf des neuen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes hat das Ziel, die Reaktionsfähigkeit des Landes in Krisensituationen zu erhöhen. Dabei bleibt die grundlegende Zuständigkeit für den Brand- und Katastrophenschutz bei den Kommunen. Allerdings erhält das Land die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen Weisungen zu erteilen und die Einsatzleitung zu übernehmen, wenn die kommunalen Stellen nicht in der Lage sind, die Situation zu bewältigen. Dies wurde von Innenminister Ebling als notwendige Maßnahme bezeichnet, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung in Notfällen optimal geschützt werden kann.

Neues Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz

Ein zentrales Element des Gesetzesentwurfs ist die Schaffung eines neuen Landesamtes für den Brand- und Katastrophenschutz, das Anfang 2025 seine Arbeit aufnehmen soll. Dieses Amt wird als Aufsichtsbehörde fungieren und ein rund um die Uhr besetztes Lagezentrum betreiben. Der Hauptsitz der Behörde wird in Koblenz sein, während zusätzliche Regionalstellen in Trier und im südlichen Rheinland-Pfalz geplant sind. Die genaue Lage der südlichen Regionalstelle steht jedoch noch nicht fest.

Das neue Landesamt wird die Verantwortung für die Überwachung und Unterstützung der kommunalen Katastrophenschutzbehörden übernehmen. Dies umfasst die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung von Bedarfs- und Einsatzplänen, die für die Gefahrenabwehr in den jeweiligen Gebieten erforderlich sind. Zudem müssen die Kommunen verpflichtende Risiko- und Gefahrenanalysen durchführen, um potenzielle Gefahren wie Hochwasser oder Waldbrände frühzeitig zu identifizieren.

Stärkung der Einsatzkräfte

Ein weiterer wichtiger Punkt des Gesetzesentwurfs ist die Stärkung der Aus- und Weiterbildung von Einsatzkräften. Die Kommunen sind verpflichtet, hauptamtliche Brand- und Katastrophenschutzinspekteure einzustellen, um die Qualität und Effizienz der Einsätze zu erhöhen. Diese Maßnahme wird als notwendig erachtet, um die Herausforderungen, die durch den Klimawandel und zunehmende Naturkatastrophen entstehen, besser bewältigen zu können.

Das Zwei-Stabs-Modell, das im Gesetzesentwurf vorgesehen ist, sieht eine technische Einsatzleitung sowie einen Verwaltungsstab vor. Während die technische Leitung für die operativen Einsätze verantwortlich ist, kümmert sich der Verwaltungsstab um rechtliche und organisatorische Fragen. Die Gesamtleitung der Einsätze soll in der Regel bei dem jeweiligen Landrat oder Oberbürgermeister liegen.

Erfahrungen aus der Vergangenheit

Die Reform des Katastrophenschutzes ist eine direkte Reaktion auf die Ereignisse der Flutkatastrophe im Juli 2021, bei der 135 Menschen ums Leben kamen. Die damalige Aufsichtsbehörde, die ADD, übernahm nach der Katastrophe die Einsatzleitung, was jedoch auf Kritik stieß. Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss und der Enquete-Kommission des Landtages flossen in die Ausarbeitung des neuen Gesetzesentwurfs ein.

Die Brand- und Katastrophenschutzinspekteurin des Landes, Kirstin Eisenhauer, betonte die Bedeutung des neuen Lagezentrums, das eine ständige Überwachung der Einsätze ermöglichen soll. Ebling beschrieb das Lagezentrum als eine Art „Fernglas“ oder „Seismograph“, das es dem Land ermöglicht, frühzeitig in die Führungsunterstützung einzugreifen.

Kritik und Herausforderungen

Trotz der positiven Ansätze gibt es auch Kritik an dem Gesetzesentwurf. Die oppositionelle CDU-Fraktion äußerte Bedenken hinsichtlich der Dauer des Gesetzgebungsprozesses. Dennis Junk, der Sprecher für Katastrophenschutz der CDU, kritisierte, dass drei Jahre für einen Regierungsentwurf zu lange seien und forderte eine zügige Umsetzung der Maßnahmen. Er verwies darauf, dass viele Vorschläge bereits seit dem Zwischenbericht der Enquete-Kommission Ende 2022 auf dem Tisch liegen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der neue Gesetzesentwurf für den Brand- und Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz einen bedeutenden Schritt in Richtung einer besseren Vorbereitung auf zukünftige Katastrophen darstellt. Die geplanten Änderungen sollen nicht nur die Reaktionsfähigkeit der Behörden verbessern, sondern auch die Sicherheit der Bevölkerung in Krisensituationen erhöhen.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung sieht in diesem Gesetz einen Meilenstein für den Katastrophenschutz und eine notwendige Reaktion auf die Herausforderungen, die durch den Klimawandel und andere Gefahrenlagen entstehen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird jedoch entscheidend dafür sein, ob die gesteckten Ziele erreicht werden können.

Quellen: dpa, ZEIT ONLINE

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