Auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel hat am Abend des 22. August 2024 ein neuer Vulkanausbruch begonnen, was den sechsten Ausbruch in weniger als neun Monaten darstellt. Die Eruption trat in der Nähe des Fischerorts Grindavík auf, der etwa 40 Kilometer südwestlich von Reykjavik liegt. Wie der isländische Rundfunksender RÚV berichtete, sprudelte Lava aus einem etwa vier Kilometer langen Riss in der Erde, der sich nach einem kräftigen Erdbeben öffnete.
Die Behörden haben die Bewohner von Grindavík vorsorglich evakuiert, da bei einem früheren Ausbruch im Januar 2024 mehrere Häuser am Ortsrand von Lavamassen erfasst und zerstört wurden. Während der aktuellen Eruption scheint die Lava zunächst nicht in Richtung der Ortschaft zu fließen, jedoch warnen Experten, dass es noch zu früh für eine Entwarnung sei. Die Evakuierung verlief nach Angaben des örtlichen Polizeichefs reibungslos.
Die Reykjanes-Halbinsel ist bekannt für ihre vulkanische Aktivität, die auf mehrere unterirdische Magmakammern zurückzuführen ist. Diese Kammern werden durch frisches Magma aus dem Erdinneren gespeist, was zu einem kontinuierlichen Druckaufbau führt. Die aktuelle Serie von Ausbrüchen begann im März 2021, nachdem die Region fast 800 Jahre lang keine nennenswerten vulkanischen Aktivitäten gezeigt hatte. Vulkanologen gehen davon aus, dass diese Phase erhöhter Aktivität noch mehrere Jahrzehnte andauern könnte.
In den Wochen vor dem Ausbruch gab es eine Zunahme seismischer Aktivitäten in der Region. Die Anzahl der Erdbeben nahm kontinuierlich zu, was auf eine Ansammlung von Magma unter der Erdoberfläche hinweist. Ein Erdbeben der Stärke 4,0 war eines der stärksten Beben, das vor der Eruption registriert wurde und war bis in die Hauptstadt Reykjavik spürbar.
Trotz der vulkanischen Aktivitäten läuft der Flugverkehr am internationalen Flughafen Keflavík ungestört weiter. Die Behörden haben bestätigt, dass die Starts und Landungen nicht beeinträchtigt sind. Dennoch könnten die Eruptionen Auswirkungen auf die lokale Infrastruktur haben, insbesondere auf die Fernwärme- und Stromversorgung der Region. Das beliebte Geothermalbad Blaue Lagune wurde vorübergehend geschlossen, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten.
Die aktuellen Ausbrüche auf der Reykjanes-Halbinsel sind als Spalteneruptionen klassifiziert, bei denen die Lava nicht aus einem klassischen Vulkanberg, sondern aus länglichen Rissen in der Erde austritt. Diese Art der Eruption führt in der Regel nicht zur Bildung großer Aschewolken, was im Gegensatz zu den dramatischen Ausbrüchen des Vulkangletschers Eyjafjallajökull im Jahr 2010 steht, dessen Aschewolken den internationalen Flugverkehr über Wochen hinweg lahmlegten.
Die isländischen Behörden und Vulkanologen werden die Situation weiterhin genau beobachten. Die Bevölkerung ist auf solche Ereignisse gut vorbereitet, und Island hat einen der effektivsten Vulkanbereitschaftspläne der Welt. Die aktuellen Eruptionen könnten Teil einer längerfristigen Aktivitätsphase sein, die mit der geologischen Dynamik der Region zusammenhängt.
Die Reykjanes-Halbinsel bleibt ein faszinierendes, wenn auch potenziell gefährliches Gebiet, das die Kraft der Natur eindrucksvoll demonstriert. Während die aktuellen Eruptionen spektakuläre Bilder liefern, ist die Sicherheit der Bevölkerung und der Infrastruktur von größter Bedeutung. Die isländischen Behörden arbeiten eng zusammen, um die Auswirkungen der vulkanischen Aktivitäten zu minimieren und die Bevölkerung zu schützen.
Quellen: FAZ, SRF, ZEIT ONLINE, Tagesspiegel, BR24.