September 21, 2024
Die Perspektiven eines Fotografen: Sebastião Salgado über Kunst, Technik und den Amazonas

Sebastião Salgado im Gespräch: KI-Bilder werden niemals eine Seele haben!

Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado, bekannt für seine eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bilder, hat kürzlich in einem Interview über die Rolle der Kunst, die Herausforderungen der modernen Technologie und seine Perspektiven auf den Amazonas gesprochen. Anlässlich eines Konzerts in der Alten Oper Frankfurt, bei dem seine Amazonas-Bilder mit Musik von Heitor Villa-Lobos kombiniert wurden, gab Salgado Einblicke in seine kreative Vision und seine Überlegungen zur Künstlichen Intelligenz.

Im prächtigen Liszt-Saal der Alten Oper, umgeben von goldverzierten Säulen und Spiegeln, sprach Salgado über die Bedeutung des Amazonas und die Absicht hinter der Präsentation seiner Werke. „Wir wollen den Amazonas zeigen“, erklärte er. „Die Menschen, die hierher kommen, gehören zur Dominant Class. Wir wollen sie als Verbündete gewinnen, um den Amazonas zu schützen.“ Salgado betonte, dass die Musik von Villa-Lobos nicht nur als Hintergrund dient, sondern eine zentrale Rolle in der Erzählung seiner Bilder spielt. „Die Mehrzahl kennt nur die Bachianas und die Sinfonie. Wir wollen zeigen, dass Villa-Lobos für den Amazonas komponiert hat“, fügte er hinzu.

Die Verbindung zwischen Musik und Bild ist für Salgado von großer Bedeutung. Er hat jede Sequenz der Floresta do Amazonas Suite mit passenden Bildern assoziiert und die Musik über 500 Mal gehört, um die besten visuellen Begleitbilder auszuwählen. „Der erste Teil der Musik heißt ‚Der Wald‘. Ich wollte die Größe des Waldes zeigen. Deshalb habe ich Luftaufnahmen verwendet“, erklärte er. Im Gegensatz dazu sind die Bilder des zweiten Teils, „Im Wald“, aus einer anderen Perspektive aufgenommen, um die Dichte und das Geheimnis des Regenwaldes einzufangen.

Ein weiterer zentraler Punkt in Salgados Arbeit ist seine Entscheidung, in Schwarz-Weiß zu fotografieren. Auf die Frage, warum er nicht in Farbe fotografiert, antwortete er: „Ich habe in Farbe fotografiert, aber Farbe hat mich in der Fotografie gestört. Farbige Bilder sind mir zu kontrastreich.“ Für ihn ist Schwarz-Weiß eine Abstraktion, die dem Bild Würde verleiht. Diese Entscheidung hat nicht nur ästhetische Gründe, sondern auch eine wirtschaftliche Dimension, da Schwarz-Weiß-Fotografie in der Vergangenheit kostengünstiger war.

Die Diskussion über Künstliche Intelligenz (KI) und deren Einfluss auf die Fotografie ist ein weiteres Thema, das Salgado beschäftigt. „KI kann mit meinen Bildern machen, was sie will, die Bilder werden niemals eine Seele haben“, stellte er klar. Er vergleicht die Möglichkeiten der KI mit der Musik von Beethoven und betont, dass KI zwar Musik komponieren kann, diese jedoch nicht das Wesen Beethovens erreichen kann. „Ich verbinde Hoffnung mit KI“, sagte Salgado. „Wir machen unsere Welt kaputt. Kriege. Der wichtigste Wald der Erde im Amazonas. Die Deutschen haben Schlimmes gemacht. Das haben wir mit unserer Intelligenz gemacht. Wer weiß, ob KI uns eine andere Richtung zeigen kann?“

Ein weiteres Thema, das im Gespräch zur Sprache kam, war das Phänomen der Selfies. Salgado gab zu, dass er noch nie ein Selfie gemacht hat. „Es ist mir peinlich, ein Bild von mir zu machen. Ich mache Bilder von anderen, aber von mir selbst? Nein, das ist zu viel“, erklärte er. Diese Aussage unterstreicht seine Philosophie, dass Fotografie eine Form des Gebens ist, bei der der Fotograf ein Geschenk von den Menschen erhält, die er ablichtet.

In Bezug auf den Wiederaufbau des Nationalmuseums in Rio de Janeiro, das 2018 durch einen Brand beschädigt wurde, äußerte Salgado, dass er nicht involviert sei. „Niemand hat mich danach gefragt. Es geht um sehr viel Geld. Weil es ein großes Museum ist“, sagte er. Stattdessen konzentriert er sich auf seine Projekte und die Unterstützung der indigenen Bevölkerung im Amazonasgebiet. „Ich habe so viele Freunde. Amazonas ist ein Beispiel, und ich habe noch Kontakt mit ihnen“, erklärte er und berichtete von seinen Bemühungen, Solarstrom in Tabatinga zu erzeugen, um den indigenen Gemeinschaften zu helfen.

Die Verbindung zwischen Salgado und seiner Heimat Brasilien ist tief verwurzelt. Er erinnert sich an seine Kindheit und die Musik, die ihn prägte. „Durch das Radio habe ich Brasilien kennengelernt. Die Jangadas, die Strände, Abenteuer, die Musik von Paraguay. All das war in meinem Kopf“, sagte er. Diese Erinnerungen und Erfahrungen fließen in seine Kunst ein und verleihen seinen Bildern eine zusätzliche Dimension.

Insgesamt zeigt das Gespräch mit Sebastião Salgado, dass seine Arbeit weit über die Fotografie hinausgeht. Sie ist ein Ausdruck seiner Überzeugungen, seiner Hoffnung und seines Engagements für die Umwelt und die Menschen, die er fotografiert. Seine Bilder sind nicht nur Dokumentationen, sondern auch Aufrufe zum Handeln und zum Schutz der Schönheit und Vielfalt unseres Planeten.

Die Diskussion über die Rolle der Kunst in der heutigen Welt, die Herausforderungen durch Technologie und die Verantwortung, die Fotografen gegenüber ihren Motiven haben, bleibt relevant und wird von Persönlichkeiten wie Salgado weiterhin angestoßen.

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