Die Kontroverse um die Regenbogenflagge in Neubrandenburg schwelt weiter. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am 9. November 2024 berichtete, kritisiert der scheidende Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) eine neue Initiative der Stadtvertretung. Diese trägt den Titel „Bekenntnis für Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt“ und soll nach dem Verbot der Regenbogenflagge am Bahnhofsvorplatz durch eben jenes Gremium nun Schadensbegrenzung betreiben. Witt, dessen Rücktritt im Mai 2025 feststeht, bezeichnet das Vorgehen der Stadtvertretung als „scheinheilig“ (Zeit Online, 09.11.2024).
Der Oberbürgermeister vermutet, die bundesweite Aufmerksamkeit für den Fall habe die Kommunalpolitiker überrascht. Er hinterfragt die plötzliche Besorgnis um Toleranz und Vielfalt und verweist auf mangelnde Unterstützung in den vergangenen Jahren, sowohl für das Thema LGBTQ+ als auch für den Christopher Street Day (CSD), dessen Schirmherr er selbst in der Vergangenheit war. Wie die dpa berichtet, fühlte sich Witt von den Parteien im Stich gelassen (Zeit Online, 09.11.2024).
Die Regenbogenflagge, Symbol für die LGBTQ+-Community, war wiederholt Zielscheibe von Vandalismus am Neubrandenburger Bahnhof. Die Fahnen wurden gestohlen und durch Hakenkreuz- oder andere NS-Fahnen ersetzt. Im Oktober 2024 beschloss die Stadtvertretung daraufhin, das Hissen der Regenbogenflagge am Bahnhof gänzlich zu verbieten. Kurz darauf kündigte Witt seinen Rücktritt an und verwies dabei auch auf persönliche Angriffe (Ostseewelle, 09.11.2024).
Die neue Initiative der Stadtvertretung, die von mehr als zwei Dutzend Vertretern unterschiedlicher Fraktionen unterstützt wird, verurteilt „jedwede Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten“. Die Stadtverwaltung soll nun Vorschläge erarbeiten, wie diese Werte in der Stadtgesellschaft verankert werden können. Ironischerweise stammt ein Vorschlag für einen Kompromiss von Tim Großmüller, dem Initiator des ursprünglichen Verbots: Er schlägt vor, Deutschland-, Landes-, Stadt- und Regenbogenflagge abwechselnd am Bahnhof zu hissen (Nordkurier, 18.10.2024). Wie der Nordkurier berichtet, erklärte Großmüller in einem Interview, dass es ihm bei dem ursprünglichen Antrag vor allem darum ging, Oberbürgermeister Witt aus dem Amt zu drängen (Nordkurier, 18.10.2024).
Die Zukunft der Regenbogenflagge in Neubrandenburg bleibt ungewiss. Ob die neue Initiative der Stadtvertretung tatsächlich zu mehr Toleranz und Akzeptanz führt oder ob sie lediglich ein politisches Manöver darstellt, wird die weitere Entwicklung zeigen. Der Fall hat eine Debatte über Symbole, Werte und politische Instrumentalisierung entfacht, die über die Grenzen Neubrandenburgs hinaus reicht.
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