Der renommierte Soziologe Richard Sennett, bekannt für Werke wie "Der flexible Mensch", legt mit "Der darstellende Mensch" eine hochaktuelle Analyse der nonverbalen Kommunikation in Kunst, Politik und Alltag vor. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, untersucht Sennett darin die Macht der körperlichen Gesten und Inszenierung, insbesondere im Kontext des politischen Geschehens.
Ausgehend von der Beobachtung, dass Demagogen weltweit politische Bühnen dominieren und ihre Anhänger durch geschickte Selbstdarstellung mitreißen, erforscht Sennett die ambivalenten Beziehungen zwischen Darstellung und Wirkung. "Der darstellende Mensch" beleuchtet die Frage, wie nonverbale Kommunikation sowohl bösartig als auch erhebend, repressiv als auch befreiend wirken kann. Sennett spannt dabei einen weiten Bogen von antiken Rednern bis zu heutigen Straßenmusikern, wie auf der Webseite des Hanser Verlags zu lesen ist. Das Buch verspricht eine "Partitur der Performance", die den Leser für die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation sensibilisiert und die Frage nach der Bewahrung der Freiheit in diesem Spiel aufwirft.
Die F.A.Z. beschreibt Sennetts Stil als klar und präzise. In einem Interview, das aufgrund des Staatsbesuchs von Präsident Biden kurzfristig vorverlegt werden musste, äußerte sich Sennett zu den "nervtötenden" Auswirkungen des Besuchs auf den Stadtverkehr. Dabei fügte er, fast pflichtbewusst, hinzu: "Aber er ist ein guter Präsident." Diese kleine Anekdote verdeutlicht, wie die nonverbale Kommunikation – in diesem Fall die Mimik und Gestik im Zusammenhang mit der Aussage – die Interpretation der Worte beeinflussen kann.
Sennett, der Soziologie und Geschichte an der London School of Economics und der New York University lehrt, greift in seinem neuen Werk auf seine Erfahrung als Cellist zurück. Auf der Produktseite von Amazon wird hervorgehoben, dass eine Handverletzung ihn zum Wechsel vom "Performer" zum Wissenschaftler zwang. Diese biografische Erfahrung prägt seinen Blick auf die darstellende Kunst und die damit verbundenen ethischen Fragen.
Die nachtkritik.de beschreibt Sennetts Buch als eine Auseinandersetzung mit den "Verbindungs- und Trennlinien zwischen Leben, Kunst und Politik". Sennett analysiert performative Vorgänge und hinterfragt die moralische Ambivalenz der Schauspielerei. Kann die überzeugende Darstellung von Emotionen, wie beispielsweise die Tränen des Judas auf Caravaggios Gemälde, den Darsteller selbst verändern? Sennett argumentiert, dass die "falschen Tränen" durchaus echte Reue hervorrufen können.
In "Der darstellende Mensch" plädiert Sennett für eine Kunstform, die nicht auf Wahrheit und Richtigkeit, sondern auf Erkundung setzt. Er führt den Leser durch verschiedene historische und zeitgenössische Beispiele, von antiken Theatern bis zum Bayreuther Orchestergraben. Sennett betont die Bedeutung offener Theater als Foren der Interaktion und sieht in der Kunst ein zivilisierendes Potenzial, das zur Freundlichkeit erzieht.
Das Buch "Der darstellende Mensch" erscheint im Hanser Berlin Verlag und ist als Hardcover und E-Book erhältlich. Es verspricht eine anregende Lektüre für alle, die sich für die komplexen Zusammenhänge zwischen nonverbaler Kommunikation, Kunst und Politik interessieren.
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