19.10.2024
Schreibmaschinenliebe im digitalen Zeitalter

Retro: Zwei junge Männer sind Schreibmaschinen-Fans

In einer Zeit, in der die Digitalisierung in Deutschland omnipräsent ist, gibt es in einem kleinen Ort an der Saar zwei Studenten, die eine besondere Leidenschaft für alte Schreibmaschinen entwickelt haben. Jakob Kramp und Paul Hallmanns, beide in ihren Zwanzigern, haben sich nicht nur dem Schreiben auf diesen nostalgischen Geräten verschrieben, sondern sind auch zu Experten in der Reparatur und dem Verkauf von Schreibmaschinen geworden.

Das Geräusch von Tastenanschlägen erfüllt den Raum, wenn Jakob Kramp an seiner 90 Jahre alten Olivetti Ico arbeitet. „Klack, Klack, Klack, Bing, Ratsch“, sind die Geräusche, die die Atmosphäre prägen. „Ich tippe das ein, dann ist es fertig und es sieht auch noch fantastisch aus“, sagt der 23-Jährige. Umgeben von einer beeindruckenden Sammlung von über 100 Schreibmaschinen, darunter bekannte Marken wie Adler, Mercedes, Remington und Olympia, erzählt er von seiner Faszination für diese mechanischen Wunderwerke.

Sein Cousin Paul, 24 Jahre alt, teilt diese Begeisterung. „Es ist unheimlich spannend, anhand der Schreibmaschinen durch die Epochen zu gehen“, erklärt er. Die beiden Studenten haben ihre Leidenschaft als Jugendliche entdeckt, als sie bei ihrer Großmutter und Großtante erste Erfahrungen mit den Geräten sammelten. „Es hat uns fasziniert“, erinnert sich Paul. In der Schule tippten sie Protokolle für die Schülervertretung auf Schreibmaschinen, was ihnen den Vorteil verschaffte, dass diese immer direkt verfügbar waren.

Die Geräusche der Schreibmaschinen sind für die beiden ein wesentlicher Teil des Erlebnisses. Das mechanische Klacken beim Anschlagen der Tasten, der Klingelton am Ende der Zeile und das Surren der Walze, wenn sie zurückkehrt, sind für sie nicht nur nostalgische Erinnerungen, sondern auch eine Form der Entschleunigung. „Man stanzt die Gedanken ins Papier und zwischen dir und dem Papier steht nichts“, sagt Kramp, der Physik in Aachen studiert. Er gibt sogar zu, dass er seine Einkaufszettel auf der Schreibmaschine schreibt.

Die emotionale Bindung zu den Geräten ist für viele ihrer Kunden von großer Bedeutung. Paul Hallmanns erklärt, dass es in Deutschland kaum noch Orte gibt, an denen alte Schreibmaschinen repariert werden können. „Es gibt in Deutschland keine zehn Anlaufstellen mehr, wo man alte Schreibmaschinen reparieren lassen kann“, sagt er. Dennoch gibt es immer noch Menschen, die diese Maschinen nutzen, und die beiden Studenten sind dankbar, wenn sie helfen können. So kommt beispielsweise ein Winzer aus der Umgebung regelmäßig zur Wartung seiner Schreibmaschine.

Die beiden haben sich viel Wissen über die Technik der Schreibmaschinen angeeignet. „Wir haben anfangs auch etliche Maschinen zerstört, die wir reparieren wollten. Aber mittlerweile können wir es“, sagt Kramp. Die Herausforderung, Ersatzteile zu finden, ist oft groß. Manchmal benötigen sie eine Vergleichsmaschine, um das benötigte Teil zu finden, oder sie müssen selbst kreativ werden.

Zusätzlich zu den Reparaturen verkaufen sie auch funktionierende Schreibmaschinen über das Internet. Ihre Kunden kommen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Ausland, darunter Liebhaber und Sammler. „Immer wieder gibt es Leute, die behaupten, sie seien Schriftsteller und wollten darauf schreiben“, erzählt Kramp. Eine ihrer Maschinen wurde sogar in die USA verkauft.

Trotz der Freude, die sie an der Arbeit mit den Schreibmaschinen haben, ist ihnen bewusst, dass dies kein Weg ist, um den Lebensunterhalt zu verdienen. „Wir werden es aber weitermachen“, sagt Kramp. Ihre Leidenschaft für das Alte schließt jedoch nicht aus, dass sie auch die Vorteile der digitalen Welt nutzen. „Wir sind Schreibmaschinen-Pragmatiker, keine Dogmatiker“, erklärt er und fügt hinzu, dass sie auch Computer für ihr Studium verwenden müssen.

Veit Didczuneit, Leiter der Sammlungen im Museum für Kommunikation in Berlin, bestätigt die positive Wahrnehmung von Schreibmaschinen in der Gesellschaft. Er erhält wöchentlich gut erhaltene Schreibmaschinen angeboten, oft begleitet von kleinen Familiengeschichten. „Schreibmaschinen sind positiv besetzt“, sagt er. In seiner Sammlung befinden sich über 300 Exemplare, die die Entwicklung der Schreibgeräte in den letzten 130 Jahren dokumentieren. Dennoch ist das Schreiben auf Schreibmaschinen heutzutage eher die Ausnahme. „Wenn man einen schönen Platz hat in der Wohnung, dann stiften sie an zu Kommunikation“, erklärt Didczuneit.

Die beiden Studenten haben auch historische Modelle in ihrer Sammlung. Eine der ältesten Schreibmaschinen, die sie besitzen, ist ein amerikanisches Modell, die Oliver Typewriter, die um 1900 entstanden ist. Besonders erwähnenswert ist auch die Mercedes Elektra, die erste elektrische Schreibmaschine, sowie die Olivetti Lettera 22, ein Modell, auf dem viele Schriftsteller gearbeitet haben.

In naher Zukunft wird Paul Hallmanns für ein Auslandssemester nach Bologna gehen. „Da nehme ich auf jeden Fall eine Reiseschreibmaschine mit, wahrscheinlich die Olivetti Ico“, sagt er. Damit möchte er Briefe nach Hause schreiben. „Ohne Schreibmaschine gehe es bei mir eben nicht“, fügt er hinzu.

Die Geschichte von Jakob Kramp und Paul Hallmanns zeigt, dass die Faszination für alte Technologien auch in einer digitalen Welt bestehen bleibt. Ihre Leidenschaft für Schreibmaschinen ist nicht nur ein Hobby, sondern auch ein Weg, die Verbindung zur Vergangenheit aufrechtzuerhalten und eine besondere Art der Kommunikation zu pflegen.

Quellen: dpa, Zeit Online, stern.de

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