7.12.2024
Schwarz-Grün im Bund Annäherung oder Wahlkampftaktik

Annäherung im Wahlkampf? Grünen-Chef lädt Merz zum Bier

Zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl rückt eine schwarz-grüne Koalition rechnerisch in greifbare Nähe. Laut dpa melden Umfragen 44 bis 47 Prozent für ein solches Bündnis. Der Grund: Mehrere Parteien könnten an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und so eine Mehrheit für Schwarz-Grün im Bundestag ermöglichen. Obwohl beide Parteien ihre Unterschiede betonen, signalisiert Grünen-Co-Chef Felix Banaszak Gesprächsbereitschaft und lud CDU-Chef Friedrich Merz sogar zu einem Bier ein.

Wie die "Zeit" am 7. Dezember 2024 berichtete, möchte Banaszak, der Mitte November gemeinsam mit Franziska Brantner zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, den Unionskanzlerkandidaten Merz persönlich kennenlernen. Banaszak erklärte gegenüber der Mediengruppe Bayern, er stehe im Austausch mit den Vorsitzenden der demokratischen Parteien. Ein persönliches Gespräch mit Merz sei zwar noch nicht erfolgt, aber bereits terminiert. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dementierte dies jedoch gegenüber der dpa: Ein Treffen sei nicht geplant, anderslautende Meldungen seien "schlicht falsch".

Im Interview mit der Mediengruppe Bayern brachte Banaszak einen persönlichen Austausch mit Merz ins Spiel. Auf die Frage, ob die beiden Bundestagsabgeordneten schon einmal gemeinsam ein Bier getrunken hätten, antwortete der Grünen-Chef: "Bisher nicht, aber ich lade ihn herzlich in meine Stammkneipe in Duisburg ein."

Die Union erreicht in aktuellen Umfragen 32 bis 33 Prozent, die Grünen 12 bis 14 Prozent. Der Sonntagstrend von Insa für die "Bild am Sonntag" sieht die Union bei 32 Prozent und die Grünen bei 12 Prozent, zusammen also 44 Prozent. Die AfD läge mit 19 Prozent vor der SPD mit 16 Prozent. Das Bündnis von Sahra Wagenknecht käme auf 8 Prozent, FDP und Linke würden mit je 4 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Rechnerisch wäre neben Schwarz-Grün auch eine Koalition aus Union und SPD mit zusammen 48 Prozent möglich.

Eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene wäre ein Novum. 2017 scheiterten die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP. In Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg regieren Union und Grüne bereits zusammen, in Baden-Württemberg unter Führung der Grünen.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) rät seiner Partei, sich eine Koalition mit den Grünen nach der Bundestagswahl offenzuhalten. "Die Union wird nach der Bundestagswahl einen Koalitionspartner brauchen. Ich halte wenig von Ausschließeritis", sagte er der dpa. Wegner räumte ein, dass die CDU mit den Grünen, so wie sie sich auf Bundesebene und in der Ampel-Regierung präsentieren, nicht zusammenarbeiten wolle. Er verwies jedoch auf die seiner Ansicht nach erfolgreichen schwarz-grünen Koalitionen in drei Bundesländern und fragte: "Warum sollte man solche Bündnisse also generell ausschließen?" Ähnlich äußerte sich Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, gegenüber der "Welt am Sonntag". Er betonte den Erfolg der schwarz-grünen Koalition in seinem Bundesland, merkte aber an, dass SPD und FDP der Union inhaltlich näher stünden.

Trotz der Annäherungsversuche bleiben grundlegende Differenzen zwischen Union und Grünen bestehen. Linnemann betonte den von der Union angestrebten Politikwechsel in den Bereichen Migration, Wirtschaft und Sozialpolitik. "Das ist mit diesen Grünen nicht zu machen", sagte er. Auch Merz äußert sich wiederholt in diese Richtung. CSU-Chef Markus Söder lehnt eine Zusammenarbeit mit den Grünen grundsätzlich ab. Banaszak hob hervor, dass Grüne und Union in der Ukraine-Frage einig seien. "Ansonsten unterscheiden wir uns sehr", fügte er hinzu. Er kritisierte Merz' Wirtschaftspolitik und warf Union und CSU vor, aus Deutschland ein "Industriemuseum" machen zu wollen. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 sei für die Grünen nicht verhandelbar.

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