In Damaskus liegen Jubel und Furcht eng beieinander. Der Sturz des Assad-Regimes nach über 50 Jahren brutaler Herrschaft wird von vielen Syrern zwar mit ungläubiger Freude aufgenommen, doch gleichzeitig herrscht große Unsicherheit über die Zukunft, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 10.12.2024 berichtete.
Die Stadt ist geprägt von chaotischen Szenen: Freudenschüsse, feiernde Menschen auf verlassenen Militärfahrzeugen und allgegenwärtige Waffen, beschreibt die FAZ. "Man konnte Waffen einfach von der Straße aufsammeln", wird ein Einwohner von Damaskus zitiert. Es gab Berichte über Plünderungen und Morde, vor allem in den wohlhabenderen Vororten, wo die Villen ehemaliger Assad-Anhänger geplündert wurden.
Während die Islamistenallianz „Hay’at Tahrir al-Scham“ (HTS) im Norden des Landes für eine gewisse Ordnung sorgt, ist die Lage in Damaskus deutlich unübersichtlicher. Obwohl HTS-Anführer Abu Muhammad al-Golani die Order gab, Plünderungen und Racheakte zu unterlassen, hat die HTS die Kontrolle über die Hauptstadt noch nicht vollständig erlangt. Ein in der syrischen Politik vernetzter Einwohner Damaskus berichtete der FAZ, dass die HTS ihren Einfluss zwar ausweite, jedoch auf Widerstand rivalisierender Gruppen und lokaler Milizen stoße.
Der Zusammenbruch des Assad-Regimes im November kam überraschend schnell. Auslöser waren Aufstände in Damaskus, die den Vormarsch der HTS-geführten Rebellen aus dem Norden unterstützten. Der ehemalige Ministerpräsident Muhammad Ghazi al-Dschalali wurde von Kämpfern in ein Luxushotel gebracht, wo er nun den Übergang zu einer neuen Regierung unterstützen soll. Die Lage im Land bleibt laut FAZ instabil. Im Informationsministerium herrscht Unsicherheit, israelische Luftangriffe auf Geheimdienstgebäude erschüttern die Stadt, und die Freudenschüsse der Bevölkerung vermischen sich mit dem Lärm von Explosionen.
Die Stimmung in der Bevölkerung ist gespalten. Manche feiern die Befreiung vom Assad-Regime, andere sind skeptisch und fürchten die Zukunft. Insbesondere Christen und andere Minderheiten, die unter Assad zwar Repressionen, aber auch eine gewisse Sicherheit erfuhren, blicken mit Sorge auf die neue islamistische Führung. Pater Gamil Yaschua, der selbst wegen Kritik an Assad inhaftiert war, äußerte gegenüber der FAZ die Befürchtung, dass Syrien entweder eine neue Diktatur oder einen langen Bürgerkrieg erleben könnte, ähnlich wie Ägypten oder der Irak nach dem Sturz Saddam Husseins. Er bezweifelt, dass die HTS die Rechte religiöser Minderheiten wahren wird, trotz anderslautender Erklärungen der Militärführung.
Die Zukunft Syriens nach Assad ist ungewiss. Die Freude über den Fall des Regimes vermischt sich mit der Angst vor dem Unbekannten und der Sorge vor neuen Konflikten. Die Herausforderungen für den Aufbau eines stabilen und friedlichen Syriens sind enorm.
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