16.11.2024
Steigende Tierschutzanzeigen in MecklenburgVorpommern Analyse und Herausforderungen

Zunehmende Tierschutzanzeigen in Mecklenburg-Vorpommern: Ein komplexes Problem

Die Zahl der Tierschutzanzeigen in Mecklenburg-Vorpommern steigt. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, verzeichneten die Veterinärämter in den ersten neun bis zehn Monaten des Jahres 2024 bereits 1770 Anzeigen. Diese Zahl basiert auf einer dpa-Umfrage bei den Kreisen und kreisfreien Städten. Die Landkreise Vorpommern-Rügen und Rostock konnten aufgrund eines Cyberangriffs bzw. Personalmangels im Veterinäramt keine Daten liefern. Im gesamten Vorjahr 2023 lagen die Anzeigen bei über 2000, basierend auf den verfügbaren, unvollständigen Daten. Obwohl sich für 2024 noch keine signifikante Steigerung abzeichnet, deutet der langfristige Trend laut den Verwaltungen auf eine Zunahme hin.

Überlastung der Behörden und steigende Fallzahlen

Der Landkreis Ludwigslust-Parchim, dessen Zahlen auch Schwerin abdecken, berichtet von einem „schwer zu bewältigenden“ Anstieg der Tierschutzanzeigen. Waren es 2015 noch 80 Anzeigen, so stieg die Zahl bis Anfang Oktober 2024 auf 525. Auch Rostock, die größte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns, meldet einen starken Anstieg. Bis Ende Oktober 2024 wurden bereits 189 Kontrollen durchgeführt, verglichen mit 165 im gesamten Jahr 2023. In Nordwestmecklenburg hat sich die Zahl der Beschwerden seit 2019 mehr als verdoppelt, von etwa 150 auf über 330 im laufenden Jahr.

Art der Anzeigen und Gründe für den Anstieg

Die Anzeigen betreffen hauptsächlich Hunde und Katzen, aber auch Nutztiere wie Pferde, Rinder und Schafe. Die Gründe sind vielfältig: schlechte Haltungsbedingungen, unzureichende Versorgung, mangelnder Auslauf, ausgesetzte Tiere und gewerbsmäßige Zuchten. Der Landkreis Vorpommern-Rügen berichtet von einer hohen psychischen Belastung der Mitarbeiter, verursacht durch aggressive Tierhalter und die zunehmende Anzahl gerichtlicher Verfahren. Auch die Unterbringung beschlagnahmter, oft kranker Tiere verursacht hohe Kosten.

Ein Beispiel aus dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte verdeutlicht die Problematik: Im September 2024 wurden bei der Kontrolle eines Pferdehofs schwerwiegende Mängel festgestellt. Vier Pferde wurden beschlagnahmt, und dem Halter wurde die Tierhaltung untersagt. Er erhielt eine Frist zum Verkauf seiner Pferde. Die Tiere waren in einem besorgniserregenden Zustand und nicht ausreichend versorgt. Der Landkreis verzeichnete bis Ende Oktober 489 Tierschutzanzeigen, verglichen mit 579 im gesamten Jahr 2023. Die mangelnde Einsicht der Halter führt oft zu langwierigen und aufwendigen Verfahren.

Mögliche Maßnahmen und Herausforderungen

Die Veterinärämter können neben der Beschlagnahmung von Tieren und der Erteilung von Haltungsverboten auch Auflagen zur Verbesserung der Situation oder Bußgelder verhängen. Bei Verdacht auf Straftaten werden die Staatsanwaltschaften eingeschaltet. Im Landkreis Vorpommern-Rügen geschah dies 2024 bereits 18 Mal, verglichen mit fünf bis zehn Fällen in den Vorjahren. Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte hat 2024 sieben Strafanzeigen erstattet, nach zehn im gesamten Vorjahr.

Als Gründe für den Anstieg der Tierschutzanzeigen werden mangelnde Sachkunde und Überforderung der Halter genannt, aber auch eine „Will-ich-haben-“ bzw. „Wegwerfmentalität“. Die Corona-Pandemie könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Die Hansestadt Rostock verweist auf Zahlen, wonach die Zahl der Haustiere in deutschen Haushalten während der Pandemie um fast eine Million gestiegen ist. Auch eine erhöhte Sensibilität in der Bevölkerung und einfachere Meldewege werden als Gründe diskutiert. Nicht alle Anzeigen sind jedoch berechtigt. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald berichtet von zahlreichen unberechtigten Anzeigen, die oft auf Nachbarschaftsstreitigkeiten oder persönlichen Ansichten beruhen.

Quellen:

Weitere
Artikel