Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat seinen Rücktritt als Vorsitzender der Liberalen Partei und damit auch als Regierungschef angekündigt. Wie die Tagesschau berichtet, verkündete der 53-Jährige seinen Entschluss während einer Pressekonferenz in Ottawa. Er wolle sein Amt nur so lange weiterführen, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden sei. Als Begründung gab er an, dem Land bei der nächsten Wahl eine „echte Auswahl“ ermöglichen zu wollen. Er sehe sich nicht als optimale Wahl, solange interne Konflikte ausgetragen werden müssten. Auch ZEIT ONLINE berichtete über den Rücktritt und die ihm vorangegangenen schlechten Umfragewerte.
Trudeau stand rund elf Jahre an der Spitze der Liberalen und ist seit Ende 2015 Premierminister. Der genaue Zeitpunkt seines Rücktritts ist noch offen. Der Wiedereintritt des Parlaments in die Sitzungsperiode wird laut Trudeau nicht wie geplant am 27. Januar, sondern erst am 24. März stattfinden. Dadurch verschiebt sich auch ein potentieller Misstrauensantrag der Opposition. Die nächste reguläre Wahl ist für den Herbst angesetzt, eine vorgezogene Neuwahl durch ein Misstrauensvotum ist jedoch nicht auszuschließen.
Wie die Tagesschau weiter ausführt, hatten Trudeaus Umfragewerte zuletzt stark nachgelassen. Ihm werden unter anderem unerfüllte Wahlversprechen, steigende Lebenshaltungskosten und Wohnungsknappheit vorgeworfen. Auch innerhalb der Liberalen Partei wuchs der Druck. Mehrere Abgeordnete forderten Trudeau öffentlich zum Rücktritt auf. Die Neue Demokratische Partei, bisheriger Kooperationspartner der Liberalen, entzog Trudeau das Vertrauen und drohte mit einem Misstrauensvotum. Zuletzt war auch Trudeaus Stellvertreterin und Finanzministerin, Chrystia Freeland, zurückgetreten. In ihrem Rücktrittsschreiben hatte sie Trudeau Uneinigkeit über die zukünftige politische Richtung Kanadas vorgeworfen. Der Deutschlandfunk berichtet, Freeland sei aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit Trudeau bezüglich des Staatshaushalts zurückgetreten.
Das ZDF berichtet ebenfalls über den Rücktritt und zitiert Trudeaus Aussage, er wolle zurücktreten, sobald die Partei einen neuen Vorsitzenden gewählt habe. ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht bezeichnet den Rücktritt angesichts der anhaltenden Kritik an Trudeaus Politik als wenig überraschend. Er werde für Inflation und Wohnungsnot verantwortlich gemacht, seine Umfragewerte seien „absolut im Keller“. Auch aus den eigenen Reihen seien Rücktrittsforderungen laut geworden. Das Handelsblatt hebt den Druck hervor, unter dem die Minderheitsregierung seit Monaten stand, und den Rücktritt knapp ein Jahr vor Ende der Legislaturperiode.
Die Tagesschau analysiert die Gründe für Trudeaus vermeintliches Scheitern und nennt neben den wirtschaftlichen Problemen auch die umstrittene Einwanderungspolitik. Über drei Millionen Einwanderer seien seit 2016 nach Kanada gekommen – zu viele für eine erfolgreiche Integration. Auch die Ankündigung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, Zölle auf kanadische Importe zu erheben, habe die Stimmung zusätzlich belastet. Die DW erwähnt ebenfalls die steigenden Preise, den Wohnungsmangel und die Kritik an der Einwanderungspolitik als Gründe für die sinkende Zustimmung zu Trudeau.
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