7.1.2025
Oberster Gerichtshof Indiens stoppt Untersuchungen religiöser Stätten

Indiens Höchstes Gericht setzt Untersuchungen von religiösen Stätten aus

Um religiöse Konflikte zu entschärfen, hat der Oberste Gerichtshof Indiens die Untersuchung von Gotteshäusern vorläufig gestoppt. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, betrifft dies die Überprüfung von Moscheen und Sufi-Heiligtümern auf mögliche Überreste hinduistischer Tempel. Hindu-Nationalisten hatten versucht, gerichtlich die Untersuchung bestimmter historischer Moscheen zu erzwingen. Ihre Argumentation basiert auf der Behauptung, muslimische Herrscher hätten vor Jahrhunderten Hindu-Tempel zerstört und an deren Stelle Moscheen errichtet. Diese Orte sollten, so die Forderung, an die Hindu-Gemeinschaft zurückgegeben werden, um dort wieder Tempel zu bauen. In drei Fällen waren Gerichte den Forderungen nachgekommen und hatten offizielle Untersuchungen durch den Archäologischen Untersuchungsausschuss Indiens angeordnet. Die Gyanvapi-Moschee in Varanasi, einem wichtigen Pilgerort des Hinduismus, wurde untersucht, wobei mutmaßliche Hindu-Götterfiguren gefunden wurden. In Mathura, einem weiteren bedeutenden Hindu-Pilgerort, wird behauptet, die Shahi-Idgah-Moschee befinde sich an der Stelle, an der der Gott Krishna geboren wurde. Auch die Shahi-Jama-Moschee in Shambal war Gegenstand von Untersuchungen, die laut F.A.Z. mehrere Todesopfer forderten. "The Hindu" berichtet von achtzehn weiteren Anträgen auf Untersuchung des "ursprünglichen Charakters" von insgesamt zehn Moscheen. Diese Verfahren werden nun durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Neu-Delhi kurz vor Neujahr ausgesetzt. Laufende Verfahren werden vorerst nicht fortgesetzt und neue Anträge auf Untersuchung von Moscheen und Sufi-Heiligtümern nicht angenommen. Die Presse, beispielsweise der "Telegraph" in Kalkutta, begrüßte die Entscheidung als wichtigen Beitrag zum sozialen Frieden in Indien (F.A.Z.). Indien bemüht sich um die Festigung seiner pluralen Identität, doch die Bestrebungen, Indien zu einer Hindu-Nation zu machen, haben in den letzten Jahren zugenommen. Die Argumentation für ein „Hindu-Indien“ beruht auf der Annahme, dass in Indien entstandene Religionen wie Hinduismus, Buddhismus, Sikhismus und Jainismus „zu Indien“ gehören, während importierte Religionen wie Islam und Christentum als fremd angesehen werden (F.A.Z.). Viele Hindus, die 83 Prozent der Bevölkerung stellen, widersetzen sich der in der Verfassung verankerten Gleichstellung mit Muslimen und Christen. Der Unabhängigkeit Indiens von den britischen Kolonialherren gingen gewaltsame Konflikte zwischen Hindus und Muslimen voraus, die zur Teilung des Subkontinents in Indien und Pakistan führten. 1991 verabschiedete die indische Regierung unter der hindu-nationalistischen Partei BJP den Places of Worship Act, der den Status von Gotteshäusern zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit am 15. August 1947 festschrieb. Eine Ausnahme bildete Ayodhya, der mythische Geburtsort des Gottes Ram. Dort wurde die Babri-Moschee 1992 von Hindu-Extremisten zerstört, was zu Massakern mit Tausenden von Toten führte. Der Oberste Gerichtshof erlaubte schließlich den Bau eines Ram-Tempels in Ayodhya, der vor einem Jahr eingeweiht wurde (F.A.Z.). Das Gesetz von 1991 wurde aufgrund von Lücken immer wieder von untergeordneten Gerichten in Frage gestellt, was zu den jüngsten Versuchen führte, Moscheen in Tempel umzuwandeln. Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs soll dies nun verhindern. Auch weltkirche.katholisch.de berichtet über die religiösen Spannungen in Indien, insbesondere über den Konflikt im Bundesstaat Manipur zwischen der hinduistischen Mehrheitsethnie der Meitei und der christlichen Minderheit der Kuki. Ein Gerichtsbeschluss, der den Meitei einen bestimmten Stammesstatus zuerkannte, hatte dort zu gewaltsamen Ausschreitungen geführt. Dieser Beschluss wurde nun vom Gericht zurückgenommen, was laut Experten Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität weckt. Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/indien-supreme-court-stoppt-untersuchung-von-gotteshaeusern-110214428.html - weltkirche.katholisch.de: https://weltkirche.katholisch.de/artikel/51331-hoffen-auf-frieden-in-manipur-gericht-in-indien-rudert-zurueck - https://www.missio-hilft.de/informieren/wofuer-wir-uns-einsetzen/menschenrechte/studien/
Weitere
Artikel