September 26, 2024
Ubisoft in der Krise: Verzögerungen und Kurssturz im Fokus

Das Spiel „Assassin’s Creed: Shadows“ erscheint erst im Februar 2025 statt im November 2024. Solche Verschiebungen sind in der Videospielbranche keine Seltenheit, gerade im Falle von Titeln mit großen Produktionsbudgets. Warum schickt die Ankündigung den Aktienkurs des französischen Verlegers und Herstellers Ubisoft dann um mehr als 21 Prozent ins Minus, was den größten Kurssturz der Unternehmensgeschichte markiert? Wie die FAZ berichtet, ist die Verschiebung des Spiels nur ein Teil des Problems.

Mit der Ankündigung geht eine Senkung der Ziele für das Geschäftsjahr 2024/25 beginnend am 1. April einher. Statt wachsender Umsätze und operativem Gewinn erwartet Ubisoft nur noch 1,95 Milliarden Euro Umsatz und in etwa eine schwarze Null beim Gewinn. Für das zweite Quartal, das am 30. September endet, senkte Ubisoft seine Prognose von 500 Millionen Euro auf eine Spanne von 350 bis 370 Millionen Euro. Das schwache zweite Quartal ist vornehmlich im schlechten Verkaufsergebnis des Titels „Star Wars: Outlaws“ begründet, der Ende August erschien. Begleitet wurde das Spiel von der „größten Werbekampagne aller Zeiten“ für ein Ubisoft-Spiel, sagte der Vorstandsvorsitzende Yves Guillemot im Juli.

Die Papiere des Unternehmens sind auf das Kursniveau von vor elf Jahren zurückgefallen. Seit Jahresanfang steht ein Abschlag von 60 Prozent zu Buche, vom Abstand zum Höchstkurs von über 100 Euro im Jahr 2018 ganz zu schweigen. Was ist seither passiert?

Hoher Aktienkurs wegen Übernahmekampf

Dem Kursverfall geht ein Übernahmekampf der Gründerfamilie Guillemot mit dem französischen Medienunternehmen Vivendi voraus. 2015 fing Vivendi an, nach und nach Ubisoft-Aktien aufzukaufen. Die stets auf Unabhängigkeit bestehenden Guillemot-Brüder – von den eigentlichen fünf spielten vor allem der amtierende Vorstandsvorsitzende Yves und zudem Michel die tragenden Rollen – kauften Aktien von Ubisoft, bis der Kurs eine Übernahme für Vivendi unattraktiv machte. 2018 sagte Vivendi in einer Übereinkunft mit den Guillemots jegliche Übernahmeversuche ab und verkaufte seine Anteile. Momentan hält die Guillemot-Familie noch 14 Prozent der Aktien.

Den hohen Kurs und den Titel als wertvollstes Spieleunternehmen Europas mit einem Börsenwert von über 10 Milliarden Euro erreichte Ubisoft also vornehmlich durch Kapitalmarktmanöver. Die zugrundeliegenden Daten von Ubisoft gaben 2018 und 2019 ein gemischtes Bild ab und tun es noch immer. Gemessen am Verhältnis von Umsatz und Kapitaleinsatz stand Ubisoft schlecht da im Vergleich zu anderen Verlegern, die in der gleichen Liga spielten. Ubisofts breite Palette an Spielen mit bekannten Marken – unter anderem „Assassin’s Creed“, „Far Cry“ und „Watchdogs“ – erforderte eine Heerschar von Entwicklern für die Produktion. Gleichzeitig nahmen sich die Spiele gegenseitig potentielle Kunden weg, da zu viele auf engem Raum erschienen und gern mehrere Dutzend Stunden Spielzeit in Anspruch nahmen.

Die darauffolgenden Jahre waren von entzerrten Veröffentlichungsplänen, eingestampften Projekten und Entlassungen geprägt. Dauerhafter Erfolg mochte sich nicht einstellen. Anfang 2022 wurden abermals Gerüchte laut, Ubisoft stünde vor einem Verkauf. Dieses Mal hieß es, die Beteiligungsgesellschaften KKR und Blackstone wären interessiert.

Kontrolle gesichert, aber zu welchem Preis?

Abermals schmetterten die Guillemot-Brüder einen Übernahmeversuch mit einem Kapitalmarktmanöver ab: 49,9 Prozent ihrer Dachgesellschaft Guillemot Brothers verkauften sie an den chinesischen Technologieriesen Tencent, wobei die Stimmrechte weitestgehend bei den Guillemots verblieben. Tencent war 2018 schon der Abnehmer des Vivendi-Pakets gewesen. Die Guillemot-Brüder sicherten sich also die Kontrolle über Ubisoft, allerdings zu einem Preis: Tencent hält nun mehr Anteile an Ubisoft als die Gründerfamilie.

Hinzu kommt der Druck eines aktivistischen Investors, der einen Verkauf von Ubisoft anstrebt und bereits die Unterstützung von 10% der Aktionäre gewonnen hat. Diese Entwicklungen werfen neue Fragen zur Zukunft des Unternehmens auf, das in den letzten vier Jahren mit negativen Cashflows, Spielabsagen und Verzögerungen zu kämpfen hatte. Wie InvestmentWeek berichtet, ist der Aktienkurs von Ubisoft um über 17,5% gefallen, nachdem das Unternehmen die Veröffentlichung des neuen Spiels 'Assassin's Creed Shadows' um drei Monate verschoben und seine Prognose für Nettobuchungen gesenkt hatte.

Ubisoft hatte auf den Erfolg dieses Spiels sowie auf 'Star Wars Outlaws' gesetzt, dessen Veröffentlichung jedoch eher verhalten aufgenommen wurde. Die Entscheidung, die Veröffentlichung von „Assassin’s Creed: Shadows“ zu verschieben, ist angesichts dieser Gemengelage nachvollziehbar. Ubisoft muss liefern, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Ein weiteres finanzielles und imageschädigendes Desaster wie mit „Star Wars: Outlaws“ kann sich das Unternehmen nicht leisten.

Quellen:

Weitere
Artikel