Die ukrainischen Streitkräfte kämpfen derzeit mit einem akuten Personalmangel, wie der Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj kürzlich einräumte. Wie die Zeit eine Meldung der DPA wiedergab, erklärte Syrskyj, dass die Zahl der Soldaten in den mechanisierten Brigaden dringend erhöht werden müsse. Die derzeitigen Mobilisierungskapazitäten reichten jedoch nicht aus, um diesen Bedarf zu decken.
Um die Lücken zu füllen, habe man damit begonnen, Personal aus den Bereichen Logistik, Versorgung und Instandhaltung abzuziehen und in Kampfeinheiten zu versetzen. Dies geschehe jedoch nur "innerhalb vernünftiger Grenzen", betonte Syrskyj. Die Ukraine ist derzeit dabei, 14 neue Brigaden für den Kampf gegen die russischen Besatzungstruppen aufzustellen.
Die angespannte Personalsituation macht sich auch an der Front bemerkbar. Wie vom Standard berichtet, klagen Soldaten und Kommandeure über Erschöpfung und nachlassende Moral. Einige Einheiten seien nur zu 75 Prozent oder weniger besetzt. Dies führe dazu, dass Soldaten kaum Pausen zwischen den Einsätzen bekämen und die Rotationszeiten immer länger würden.
Ein weiteres Problem ist das durchschnittlich hohe Alter der ukrainischen Soldaten. Viele Rekruten seien bereits über 40 Jahre alt, was zu gesundheitlichen Problemen und eingeschränkter Kampfkraft führe. Jüngere Männer versuchen oftmals, sich dem Militärdienst zu entziehen.
Um mehr Soldaten rekrutieren zu können, diskutiert das ukrainische Parlament derzeit ein neues Mobilmachungsgesetz. Wie die Zeit berichtete, soll damit unter anderem das Mindesteinberufungsalter von 27 auf 25 Jahre gesenkt werden. Das Gesetz ist jedoch umstritten und stößt in der Bevölkerung auf wenig Zustimmung.
Die Militärführung drängt auf eine rasche Verabschiedung, um die Personalprobleme zu lösen. Kritiker bemängeln jedoch, dass unklar sei, ob mehr Rekruten tatsächlich die Lage an der Front verbessern würden. Zudem gebe es verfassungsrechtliche Bedenken gegen einige der vorgesehenen Maßnahmen.
Der Personalmangel hat direkte Auswirkungen auf die Kampfkraft der ukrainischen Armee. Wie Syrskyj einräumte, reichen die Kräfte derzeit kaum aus, um die Verteidigungslinien zu halten. An Offensivoperationen sei unter diesen Umständen nicht zu denken.
Gleichzeitig verstärkt Russland den Druck an verschiedenen Frontabschnitten. Allein am Brennpunkt Pokrowsk im Donbass registrierte der ukrainische Generalstab zuletzt 62 russische Angriffe an einem Tag. Die ukrainischen Verteidiger stoßen angesichts der Übermacht des Gegners zunehmend an ihre Grenzen.
Die Lösung des Personalproblems ist damit zu einer der dringlichsten Aufgaben für die ukrainische Führung geworden. Davon hängt ab, ob die Streitkräfte in der Lage sein werden, dem russischen Druck auch künftig standzuhalten.
https://www.zeit.de/news/2025-01/20/ukraine-militaer-leidet-unter-personalmangel
https://www.washingtonpost.com/world/2024/02/08/ukraine-soldiers-shortage-infantry-russia/
https://archive.kyivpost.com/article/content/ukraine-politics/mobilization-wave-comes-up-13000-men-short-396028.html
https://www.independent.co.uk/news/world/europe/ukraine-soldiers-putin-enlistment-war-b2500485.html