20.10.2024
Väter in der Literatur Auf der Suche nach einer neuen Erzählperspektive

Die Rolle des Vaters in der Literatur hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Während Väter früher oft als distanzierte Autoritätsfiguren dargestellt wurden, rücken heute vermehrt ihre emotionalen Welten und die Herausforderungen des modernen Vaterseins in den Fokus. Dennoch scheint es, als ob die Perspektive von Vätern in der deutschsprachigen Literatur noch immer unterrepräsentiert ist. Ein Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vom 20. Oktober 2024 wirft die Frage auf, warum so wenige Bücher aus der Sicht von Vätern erzählen und was die Männer möglicherweise davon abhält, ihre Geschichten zu teilen.

Die FAZ stellt fest, dass, während die zweite Frauenbewegung maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Frauen nicht mehr auf ihre Mutterrolle reduziert werden, Männer erst seit Kurzem beginnen, ihre Rolle in der Kindererziehung zu reflektieren und zu hinterfragen. Die Autoren des Gastbeitrags betonen die Dringlichkeit einer solchen Reflexion der Vaterrolle in der heutigen Gesellschaft.

Ein Grund für die mangelnde Repräsentation von Vaterfiguren in der Literatur könnte in traditionellen Rollenbildern liegen, die Männern eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf ihre Emotionen und inneren Konflikte abverlangen. Die Vaterfigur war lange Zeit mit Stärke, Autorität und dem Ernährer der Familie assoziiert, während Sensibilität und Verletzlichkeit eher der weiblichen Sphäre zugeschrieben wurden. Diese stereotypen Vorstellungen könnten dazu führen, dass sich Männer weniger ermutigt fühlen, ihre persönlichen Erfahrungen als Väter literarisch zu verarbeiten.

Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang relevant sein könnte, ist die historische Belastung des Vaterbildes im deutschsprachigen Raum. Die Generation der Kriegsväter, die selbst von Krieg und Nationalsozialismus geprägt waren, hatte oft Schwierigkeiten, ihren Kindern emotionale Nähe und Geborgenheit zu vermitteln. Diese Erfahrung prägte das Vater-Sohn-Verhältnis über Generationen hinweg und führte zu einer Sprachlosigkeit, die sich auch in der Literatur widerspiegeln könnte.

Dennoch gibt es auch positive Entwicklungen. In den letzten Jahren sind vermehrt Romane erschienen, die sich mit dem Vatersein auseinandersetzen und die inneren Konflikte von Männern in den Fokus rücken. Autoren wie Bov Bjerg, Nora Gantenbrink, Michael Kleeberg und Frank Witzel haben in ihren jüngsten Werken die Vater-Sohn-Beziehung beleuchtet und dabei unterschiedliche Facetten des Vaterseins dargestellt.

In Bov Bjergs Roman „Serpentinen“ begibt sich ein depressiver Vater mit seinem Sohn auf eine Reise zu den Orten seiner Kindheit. Die Reise wird zu einer Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit und den Prägungen, die der Vater an seinen Sohn weitergegeben hat. Nora Gantenbrink hingegen erzählt in ihrem autobiografischen Roman „Dad“ von der Suche nach ihrem Hippie-Vater, der in ihrer Kindheit abwesend war. Sie reist an die Orte, an denen er gelebt hat, und versucht, die Leerstellen zu füllen, die er hinterlassen hat.

Michael Kleeberg setzt sich in „Glücksritter“ mit der Lebensgeschichte seines Vaters auseinander, der in den Wirtschaftswunderjahren zum Abteilungsleiter aufstieg. Der Roman ist eine Reflexion über den sozialen Aufstieg und die Schattenseiten des Wirtschaftswunders. Frank Witzel schließlich verarbeitet in seinem Roman „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teen

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