Die Staatsanwaltschaft hat im Prozess gegen Marine Le Pen und den Rassemblement National (RN) eine Haftstrafe und fünf Jahre Unwählbarkeit für die Parteivorsitzende gefordert. Wie die F.A.Z. berichtet, sieht die Anklagebehörde in Le Pen die Hauptverantwortliche für ein „System“ der Veruntreuung von EU-Geldern. Die Staatsanwaltschaft wirft Le Pen und weiteren Angeklagten vor, zwischen 2004 und 2016 systematisch EU-Gelder für Scheinbeschäftigungen verwendet zu haben. Mitarbeiter des RN wurden als Assistenten im Europaparlament geführt, obwohl sie tatsächlich Parteiarbeit in Frankreich leisteten. Der Schaden für die EU wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Wie der Tagesspiegel berichtet, gefährdet der Prozess Le Pens politische Zukunft und ihre geplante Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027.
Der Prozess begann Ende September in Paris und hat die französische Öffentlichkeit stark beschäftigt. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, gab sich Le Pen zu Beginn des Verfahrens gelassen und wies alle Vorwürfe zurück. Sie argumentierte, die Mitarbeiter hätten sowohl für die Partei als auch für die EU-Abgeordneten gearbeitet. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders und wirft Le Pen vor, die Assistentengehälter systematisch zur Sanierung der Parteifinanzen genutzt zu haben. Wie der Deutschlandfunk berichtet, präsentierte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch ihre Strafmaßforderungen. Neben der Haftstrafe und der Unwählbarkeit für Le Pen wurden auch Geldstrafen für die Partei und weitere Angeklagte gefordert.
Die Deutsche Welle berichtet, dass der Prozess bis Ende November terminiert ist. Der Ausgang des Verfahrens wird erhebliche Auswirkungen auf die französische Politik haben. Sollte Le Pen verurteilt und für unwählbar erklärt werden, würde dies ihre Präsidentschaftsambitionen zunichtemachen. Der RN ist derzeit die stärkste Oppositionspartei in Frankreich und Le Pen gilt als eine der prominentesten Figuren der extremen Rechten in Europa. Der Prozess wird daher auch international mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
Der Tagesspiegel berichtet zudem über die Hintergründe des Verfahrens. Die Ermittlungen wurden 2015 vom damaligen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) ins Rollen gebracht. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hatte Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Geldern durch den RN erhalten. Die französische Justiz leitete daraufhin Ermittlungen ein, die schließlich zum Prozess führten.
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