19.10.2024
Verurteilung eines Lifecoachs für Gewalt und Missbrauch: Ein gefährlicher Fall von Manipulation

Lifecoach zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt

Ein selbst ernannter Lifecoach wurde vom Landgericht Mosbach zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der 38-jährige Nikolaus G. wurde für schuldig befunden, zwischen 2019 und 2022 in seinem Haus in Walldürn im Norden Baden-Württemberg sieben Frauen gegen deren Willen festgehalten, misshandelt und sexuell missbraucht zu haben. Diese Verurteilung umfasst schwere Vergehen wie Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung und Vergewaltigung.

Sein 25-jähriger Bruder, Christian G., wurde ebenfalls verurteilt, da er als Gehilfe bei diesen Taten fungierte. Er erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren. Der Vorsitzende Richter Michael Haas stellte während der Urteilsverkündung fest, dass die Opfer unter schwersten Verletzungen litten, darunter Einblutungen im Schädel, großflächige Hämatome und teilweise ausgeschlagene Zähne. Es wurde jedoch festgestellt, dass Nikolaus G. für die brutalsten Übergriffe nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte, da er aufgrund seines massiven Drogenkonsums als nicht schuldfähig eingestuft wurde.

Die Rolle des Lifecoachs

Ab 2019 bot Nikolaus G. in seinem Haus sogenannte „Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung“ an. Obwohl er keine formale Ausbildung in diesem Bereich hatte, war er in der Lage, eine Reihe von Frauen anzuziehen. Der Richter beschrieb ihn als manipulativen Charakter mit einer frauenverachtenden Einstellung. Die Devise des Angeklagten lautete: „Der Mann führt, die Frau muss das machen, was der Mann sagt.“ Diese Coaching-Sitzungen wurden gezielt genutzt, um Frauen zu verunsichern und sie in eine abhängige Position zu bringen.

Es wurde berichtet, dass Nikolaus G. mit seiner Ehefrau vereinbart hatte, weitere Frauen neben ihr zu haben, und mehrere Frauen bei ihm einziehen durften. Diese Form des Zusammenlebens wurde als eine Art Kommune beschrieben, in der er sexuelle Beziehungen gegen Coaching-Dienstleistungen einforderte.

Drogenkonsum und Gewalt

Im Laufe der Zeit wurde Nikolaus G. zunehmend gewalttätiger. Ab 2020 begann er, verschiedene Drogen zu konsumieren, zunächst Marihuana, später auch LSD und Kokain. Sein Bruder Christian G. soll ihn bei seinen Taten unterstützt haben und selbst an Übergriffen beteiligt gewesen sein. Der Fall kam schließlich ans Licht, als eines der Opfer im Oktober 2022 einen Notruf absetzte. In der darauffolgenden Nacht durchsuchten Polizeikräfte das Haus und nahmen die Angeklagten fest. Nikolaus G. wurde vorübergehend in eine psychiatrische Einrichtung gebracht, befindet sich jedoch seit Mai 2023 in Untersuchungshaft.

Prozessverlauf und Urteilsverkündung

Der Prozess gegen Nikolaus G. und seinen Bruder erstreckte sich über 27 Verhandlungstage. Während der gesamten Dauer des Verfahrens war die Öffentlichkeit von den Sitzungen ausgeschlossen, um den Nebenklägerinnen und Nebenklägern eine sichere und geschützte Umgebung zu bieten, in der sie ihre Erlebnisse schildern konnten. Das Gericht entschied, dass das öffentliche Interesse hinter dem Recht der Opfer auf Wahrung ihrer Intimsphäre zurückstehen müsse.

Die Urteilsverkündung fand am 2. September 2024 statt, und das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob die Angeklagten gegen die Entscheidung Berufung einlegen werden.

Gesellschaftliche Reaktionen

Die Verurteilung des selbsternannten Lifecoachs hat in der Gesellschaft für Aufsehen gesorgt. Experten und Aktivisten betonen die Notwendigkeit, die Mechanismen zu verstehen, die es solchen Tätern ermöglichen, Frauen zu manipulieren und zu missbrauchen. Die Vorfälle werfen auch Fragen zur Verantwortung von Personen auf, die sich als Lebensberater oder Coaches ausgeben, ohne über die erforderliche Ausbildung oder ethische Standards zu verfügen.

Die Debatte über die Regulierung von Coaching-Dienstleistungen und die Sicherstellung, dass solche Angebote nicht zur Ausbeutung von verletzlichen Personen genutzt werden, ist aktueller denn je. Die Taten von Nikolaus G. verdeutlichen die Gefahren, die mit unregulierten Coaching-Praktiken verbunden sind, und die Notwendigkeit, Frauen vor solchen Übergriffen zu schützen.

Fazit

Der Fall des selbsternannten Lifecoachs Nikolaus G. ist ein erschütterndes Beispiel für die Gefahren, die von unregulierten Coaching-Praktiken ausgehen können. Die Verurteilung zu einer langen Haftstrafe sendet ein starkes Signal an die Gesellschaft, dass solche Taten nicht toleriert werden dürfen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Fall zu einer verstärkten Sensibilisierung und möglicherweise zu gesetzlichen Änderungen führt, die darauf abzielen, Frauen vor Missbrauch und Gewalt zu schützen.

Quellen: F.A.Z., Spiegel, RTL.

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