Nach ihrer Wiederwahl zur Präsidentin der EU-Kommission durch das Europaparlament am 27. November 2024 mit 370 Ja-Stimmen (Tagesschau) hat Ursula von der Leyen ihre Agenda für die zweite Amtszeit vorgestellt. Wie die F.A.Z. berichtet, konzentrieren sich ihre Pläne für die ersten 100 Tage auf die Stärkung der europäischen Wirtschaft, die Weiterentwicklung der Verteidigungspolitik und die Reduzierung der Bürokratie.
Zentraler Bestandteil ihrer Wirtschaftspolitik ist der "Clean Industrial Deal", der die ökologischen Ziele des "Green Deal" mit der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie vereinen soll. Von der Leyen betonte laut F.A.Z. die Notwendigkeit, "agiler und industriefreundlicher" zu werden. Ein "Wettbewerbsfähigkeits-Kompass" soll die zukünftige Arbeit der Kommission leiten. Die neue Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera soll eine "moderne Wettbewerbspolitik" im Sinne eines "sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergangs" gestalten. Dies könnte laut F.A.Z. auf eine Lockerung der EU-Fusionskontrolle hindeuten, um die Entstehung großer europäischer Unternehmen zu begünstigen.
Besonderes Augenmerk gilt der Automobilindustrie. Die F.A.Z. berichtet, dass von der Leyen einen "strategischen Dialog zur Zukunft der Automobilindustrie in Europa" plant, den sie selbst leiten will. Ziel ist die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen für die tiefgreifenden Veränderungen in der Branche.
Der Bürokratieabbau stellt einen weiteren Schwerpunkt dar. Drei viel kritisierte Regelwerke – das EU-Lieferkettengesetz, die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die EU-Taxonomie – sollen laut F.A.Z. in einem einzigen EU-Gesetz zusammengefasst und vereinfacht werden. Der Verband der deutschen Maschinen- und Anlagebauer (VDMA) begrüßte diesen Schritt, kritisierte jedoch die späte Umsetzung (F.A.Z.).
Im Bereich Verteidigung plant von der Leyen laut F.A.Z. ein "Weißbuch", um die Etablierung eines europäischen Rüstungs-Binnenmarktes und die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern voranzutreiben. Sie verwies auf die Diskrepanz der Verteidigungsausgaben zwischen Russland (über 9 Prozent der Wirtschaftsleistung) und der EU (durchschnittlich unter 2 Prozent). Die Süddeutsche Zeitung ergänzt, von der Leyen fordere höhere Verteidigungsausgaben und wolle die Rüstungsindustrie stärken.
Über diese drei Schwerpunkte hinaus stehen laut Euractiv weitere Herausforderungen auf der Agenda der neuen Kommission, darunter der Klimaschutz, der Kampf gegen die Inflation, die Sicherung der Energieunabhängigkeit und die Migrationspolitik. Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus im Januar und die Bundestagswahl im Februar könnten die Arbeit der Kommission zusätzlich beeinflussen, so Euractiv.
Die neue Kommission steht vor großen Aufgaben. Ob von der Leyen ihre ambitionierten Ziele erreichen kann, wird sich angesichts der finanziellen und politischen Herausforderungen in den kommenden Monaten zeigen. Telepolis zitiert Experten, die die Umsetzbarkeit der Pläne in Frage stellen.