19.10.2024
Tierwohl im Einkaufskorb: Deutschlands Weg zu mehr Transparenz und höheren Haltungsstandards
In Deutschland hat sich in den letzten Jahren ein Wandel im Konsumverhalten vieler Verbraucherinnen und Verbraucher vollzogen. Das Wohl der Tiere, die für Fleischprodukte, Eier oder Milch gehalten werden, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Einführung des neuen Tierhaltungs-Kennzeichnungs-Gesetzes wider, das die Deklaration der Haltungsbedingungen für tierische Produkte vorschreibt. Für Konsumenten bedeutet dies, dass sie beim Einkauf tierischer Produkte auf neue Siegel und Kennzeichnungen achten können, die Auskunft über die Haltungsform geben. Die Haltungsform-Kennzeichnung ist dabei kein neues Konzept. Schon seit April 2019 kennzeichnen viele Lebensmittelhändler ihre Fleischprodukte mit einem freiwillig eingeführten vierstufigen Label, das Auskunft über die Haltungsbedingungen gibt. Die Stufen reichen von Haltungsform 1, die den gesetzlichen Mindeststandard beschreibt, bis hin zu Haltungsform 4, auch als "Premium" bezeichnet, die für deutlich bessere Haltungsbedingungen steht und unter anderem Freilauf für die Tiere beinhaltet. Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung, die für frisches Schweinefleisch verpflichtend wurde und eine Übergangsfrist bis September 2025 hat, baut auf diesem System auf und erweitert es um eine fünfte Stufe für Bio-Produkte. Die Kategorien reichen von "Stall" (gesetzliche Mindestanforderungen) über "Stall+Platz" (etwas mehr Platz), "Frischluftstall" (Kontakt zu Außenklima), "Auslauf/Weide" bis hin zu "Bio". Obwohl sich Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Transparenz und die Möglichkeit wünschen, beim Einkauf bewusst für mehr Tierwohl zu entscheiden, stellt sich die Situation in den Supermärkten und Discountern noch als herausfordernd dar. Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen aus dem Jahr 2020 zeigte, dass mehr als die Hälfte des Frischfleischangebots aus Haltungsform 1 stammte und nur etwa 10 Prozent aus Haltungsform 4. Es zeigt sich also, dass Fleisch aus besserer Tierhaltung bisher eher selten zu finden ist. Die Initiative zur Umstellung auf höhere Haltungsformen wird von verschiedenen Handelsketten unterschiedlich gehandhabt. Aldi plant bis 2030, 100 Prozent des Frischfleischs aus den Haltungsformen 3 und 4 anzubieten. Ähnliche Pläne verfolgt auch die Rewe Gruppe, die bis Ende 2025 das Frischfleisch mindestens aus der Haltungsstufenform 2 anbieten möchte und bis 2030 ebenfalls Stufe 3 und 4 erreichen will. Die Umstellung auf höhere Haltungsformen ist jedoch mit Herausforderungen verbunden, insbesondere bei Rindfleisch, wie die Rewe Gruppe anmerkt. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen und die Anpassung der Landwirtschaft an die gestiegenen Anforderungen erfordern Zeit und Investitionen. Die Einführung der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung und die Weiterentwicklung der Haltungsform-Labels sind wichtige Schritte, um Verbraucherinnen und Verbrauchern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten. Dennoch ist klar, dass für eine flächendeckende Verbesserung der Tierhaltung nicht nur Transparenz, sondern auch ein verbessertes Angebot und strengere Regulierungen erforderlich sind. Initiativen von Handel und Industrie, die Verpflichtung zu höheren Haltungsstandards und die Ausweitung der Kennzeichnung auf alle Tierarten sind dabei entscheidend. Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet dies, dass sie sich aktiv informieren und bewusst für Produkte entscheiden können, die höheren Haltungsstandards entsprechen. Das neue staatliche Tierhaltungssiegel wird dabei helfen, die Transparenz zu erhöhen und den Konsumenten eine Orientierungshilfe zu bieten, um das Tierwohl bei der Kaufentscheidung zu berücksichtigen.
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