Als Reaktion auf die zunehmende Präsenz russischer Militäreinheiten in der Ostsee hat die NATO ein neues Marinekommando in Rostock aufgestellt. Die „Commander Task Force Baltic“ (CTF Baltic), wie das Kommando offiziell heißt, soll maritime Übungen und Operationen planen und durchführen sowie die ständige Präsenz der NATO in der Ostsee sicherstellen. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.).
Ein zentrales Aufgabenfeld des neuen Kommandos wird die Sammlung und Auswertung ziviler und militärischer Daten zu Schiffsbewegungen in der Ostsee sein. Der Grund dafür ist die undurchsichtige Aktivität russischer Einheiten in der Region. Westliche Dienste vermuten, dass Russland neben militärischen Operationen auch Offshore-Einrichtungen und kritische Infrastruktur wie Unterseekabel und -leitungen auskundschaftet. Diese gelten als potenzielle Ziele hybrider Kriegsführung.
Die Eröffnung des neuen Hauptquartiers wurde von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) begleitet. Er betonte die Bedeutung des Ostseeraums für die Sicherheit Europas und unterstrich die wachsende Bedrohung durch russische Aggressionen. Die F.A.Z. zitiert Pistorius mit den Worten: „Sein [Putins] wirklicher Feind ist unsere freie, unabhängige und demokratische Lebensweise.“
Die Leitung des Kommandos übernimmt ein deutscher Admiral. Etwa ein Drittel des rund 180-köpfigen Personals werden Soldaten und Offiziere aus anderen NATO-Partnerländern, vor allem aus dem Ostseeraum, stellen. Die Position des stellvertretenden Kommandeurs wird zunächst mit einem polnischen Admiral besetzt. Polen hatte sich ebenfalls um den Standort des Kommandos beworben, letztlich aber den Kürzeren gezogen. Ausschlaggebend für die Wahl Rostocks war unter anderem die Tatsache, dass die Deutsche Marine die personell und materiell stärkste Seestreitkraft der NATO in der Ostsee stellt.
Die Bundespolizei berichtet, dass sie seit Anfang 2023 in 102 Fällen russische Schiffe in der ausschließlichen deutschen Wirtschaftszone eskortiert hat. In fünf Fällen wurden dafür Einheiten der Marine eingesetzt. Ein besonders gravierender Vorfall, der die Notwendigkeit verstärkter Aufklärungsaktivitäten in der Ostsee unterstreicht, war die Sprengung der Ostseepipeline Nord Stream 2. Den Ermittlungen zufolge gingen der Explosion verdächtige Schiffsbewegungen voraus, die zwar registriert, aber nicht zu einem Gesamtbild zusammengefügt wurden. Dies erschwert die Aufklärung der Tat bis heute.
Die Einrichtung des neuen NATO-Kommandos in Rostock ist nicht unumstritten. Friedensaktivisten kritisieren das Projekt und sehen darin einen Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der die Stationierung von Truppen anderer Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR verbietet. Die Bundesregierung betont jedoch, dass es sich bei dem CTF Baltic nicht um ein NATO-Hauptquartier im eigentlichen Sinne, sondern um ein nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung handele. Es seien dort keine ausländischen Truppen stationiert, sondern lediglich einige Stabsoffiziere aus anderen NATO-Ländern im Einsatz. Dies stelle keine Verletzung des Zwei-plus-Vier-Vertrags dar.
Die Eröffnung des neuen Marinekommandos ist ein deutliches Zeichen der NATO an Russland und unterstreicht die Entschlossenheit des Bündnisses, die Sicherheit im Ostseeraum zu gewährleisten. Ob die neue Kommandostruktur zu einer Deeskalation der Lage beitragen kann, bleibt abzuwarten.
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