19.10.2024
Wechsel an der Staatsspitze in Luxemburg: Großherzog Henri ernennt Sohn Guillaume zum Stellvertreter

In Luxemburg steht ein bedeutender Wechsel an der Staatsspitze bevor. Großherzog Henri, der seit dem 7. Oktober 2000 als Staatsoberhaupt des Landes fungiert, hat angekündigt, seinen Sohn Guillaume zu seinem Stellvertreter zu ernennen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, soll die offizielle Ernennung zum „Lieutenant-Représentant“ am Dienstag, den 8. Oktober, stattfinden. Damit leitet der 69-jährige Monarch die Amtsübergabe ein, auch wenn ein genaues Datum für seine Abdankung noch nicht feststeht.

Die Ankündigung erfolgte bereits im Juni dieses Jahres im Rahmen des luxemburgischen Nationalfeiertags. Großherzog Henri betonte dabei, dass Erbgroßherzog Guillaume (42) mit der neuen Position „bestimmte Zuständigkeiten“ übernehmen werde, während er selbst weiterhin das Amt des Staatsoberhaupts innehabe. Diese Regelung folgt einer Tradition im Großherzogtum: Henri selbst war zweieinhalb Jahre vor der Abdankung seines Vaters Jean zum „Lieutenant-Représentant“ ernannt worden.

Welche konkreten Kompetenzen der künftige Thronfolger übernehmen wird, ist laut Luc Heuschling, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Luxemburg, noch unklar. Gegenüber der dpa erklärte er, dass dies von den Entscheidungen abhänge, die Großherzog Henri im Einvernehmen mit der Regierung treffen werde. Die luxemburgische Verfassung von 2023 sehe zwar die Möglichkeit vor, alle Aufgaben des Staatsoberhaupts auf den Stellvertreter zu übertragen, der entsprechende Artikel 58 sei jedoch „ganz vage“ formuliert. Ähnlich unspezifisch seien bereits die Vorgängerfassungen der Verfassung gewesen.

Heuschling spricht sich dafür aus, dass die luxemburgische Regierung „die Grenzen der Kompetenzausübung durch den Statthalter“ offiziell festlegt und diese auch öffentlich kommuniziert. Die Ernennung Guillaumes zum „Lieutenant-Représentant“ wird am Dienstag von Premierminister Luc Frieden gegengezeichnet.

Der Verfassungsrechtler sieht die Einrichtung eines Stellvertreters kritisch. „An sich hat die Stellvertretung etwas Absurdes“, wird er von der dpa zitiert. In einer Monarchie – und dies gelte auch für eine parlamentarische Demokratie, die lediglich die Form einer Monarchie beibehalte – dürfe es im Prinzip nur ein Staatsoberhaupt geben. „Da stellt sich die Frage: Wieso brauchen wir für die gleiche Arbeit, die bisher von einem Einzelnen gemacht wurde, jetzt zwei Amtsinhaber: einen Regenten und einen Mitregenten?“, so Heuschling.

Historisch betrachtet habe es in europäischen Monarchien durchaus Situationen gegeben, in denen die Einsetzung eines Stellvertreters aus geografischen Gründen sinnvoll gewesen sei. Dies habe auch auf das Großherzogtum Luxemburg zugetroffen, bevor es im Jahr 1890 seine eigene Dynastie erhielt. Zuvor bestand eine Personalunion mit den Niederlanden – der niederländische König war gleichzeitig Großherzog von Luxemburg, residierte jedoch in den Niederlanden. Im Jahr 1850 ernannte König Großherzog Wilhelm III. seinen Bruder Heinrich zu seinem Stellvertreter für Luxemburg.

Heutzutage gebe es in Luxemburg „eigentlich keinen Grund mehr, eine Stellvertretung einzusetzen“, so Heuschling. Seit Bestehen des Staates im Jahr 1830 habe es im Großherzogtum fünf Stellvertretungen gegeben. Eine zeitliche Beschränkung für diese Regelung sehe die Verfassung nicht vor.

Der Jurist geht davon aus, dass die Zeit bis zur offiziellen Thronbesteigung Guillaumes „nicht zu lange dauern“ werde. Großherzog Henri werde dafür einen geeigneten Zeitpunkt wählen, „in dem es gerade keine kritischen Diskussionen über die Monarchie Luxemburgs“ gebe.

Erbgroßherzog Guillaume ist seit Oktober 2012 mit Prinzessin Stéphanie verheiratet, die aus Belgien stammt und dort den Titel einer Gräfin trägt. Das Paar hat zwei Söhne. Luxemburg ist das weltweit einzige noch existierende Großherzogtum und zählt rund 670.000 Einwohner. Der Titel Großherzog bezeichnet einen Monarchen, der im Rang zwischen König und Herzog steht.

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/06/grossherzog-henri-ernennt-seinen-sohn-zum-stellvertreter

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