Der traditionelle Nikolausbrauch "Klaasohm" auf Borkum hat in diesem Jahr heftige Kritik und behördliche Interventionen ausgelöst. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wird die Polizeipräsenz in der Nacht zum 6. Dezember verstärkt und eine "Null-Toleranz-Strategie" gegenüber Gewalt verfolgt. Die Polizei arbeite derzeit an einem Konzept zur Verhinderung jeglicher Gewalt, so ein Polizeisprecher.
Auslöser der Debatte ist ein Bericht des ARD-Magazins "Panorama", der bundesweit für Empörung sorgte. Frauen berichten darin anonym von aggressiven Übergriffen im Zusammenhang mit dem Brauch. Der Bericht zeigt unter anderem Aufnahmen aus dem Vorjahr, auf denen zu sehen ist, wie Frauen von sogenannten "Fängern" festgehalten und von den "Klaasohms" mit Kuhhörnern auf den Hintern geschlagen werden. Ähnliche Schilderungen finden sich auch in einem Beitrag von Panorama - die Reporter in der ARD Mediathek und einem Artikel des NDR.
Der veranstaltendende Verein Borkumer Jungens reagierte auf die Kritik und kündigte an, den "Brauch des Schlagens" in diesem Jahr nicht mehr durchzuführen. In einer Stellungnahme räumte der Verein ein, dass das Schlagen mit Kuhhörnern in der Vergangenheit und vereinzelt auch in den letzten Jahren Teil des Brauches war. Man distanziere sich jedoch ausdrücklich von jeglicher Gewalt gegen Frauen und entschuldige sich für die "historisch gewachsenen Handlungen vergangener Jahre", so der Verein laut FAZ. Dieser Teil der Tradition habe nie den Kern des "Inselfestes" ausgemacht und sei in den vergangenen Jahren "fast gar nicht mehr" praktiziert worden. Ähnliche Aussagen des Vereins sind auch auf der Webseite der Stadt Borkum zu finden.
Die Ursprünge des Brauches werden unterschiedlich interpretiert. Auf Borkum wird erzählt, dass der Brauch auf die Walfänger zurückgeht, die traditionell Ende des Jahres nach Monaten auf See zurückkehrten und mit dem "Klaasohm" ihre Dominanz gegenüber den Frauen ausdrückten. Diese Erklärung wird unter anderem in der FAZ und der Rheinischen Post erwähnt. Der NDR hingegen berichtet, dass das Fest primär als Symbol des Zusammenhalts und als Gemeinschaftsfest gefeiert wird und dessen Durchführung in einer touristisch geprägten Zeit nicht möglich ist.
Die niedersächsische Staatssekretärin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Christine Arbogast, betonte laut FAZ, dass Brauchtum und Traditionen zwar wichtig seien, aber dort endeten, wo Frauen sich unsicher fühlen und Angst vor körperlicher Gewalt haben. Sie forderte eine offene Diskussion über die Zeitgemäßheit des Brauches. Auch die Polizeiinspektion Leer/Emden, zuständig für die Sicherheit auf Borkum, erklärte auf Facebook, jegliche Gewalt nicht zu tolerieren und Übergriffe konsequent zu verfolgen, wie die FAZ berichtet.
Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann kritisierte die Berichterstattung als tendenziös und unseriös und betonte, das Videomaterial zeige nur das Fehlverhalten Einzelner und sei nicht repräsentativ für die Insel. Er betonte laut RND, dass heutzutage Frauen, Männer und Kinder gemeinsam auf den Straßen, in den Lokalen und in den Häusern feiern. Der Verein Borkumer Jungens erklärte laut der Webseite der Stadt Borkum, man fühle sich verpflichtet, das Fest transparenter zu gestalten und Missverständnisse auszuräumen.