19.10.2024
Afrika: Der autoritäre Dauerherrscher Kagame gewinnt mit über 99 Prozent

Ruanda: Wahlkommission: mehr als 99 Prozent für autoritären Dauerherrscher Kagame

Ruandas Präsident Paul Kagame gibt seine Stimme bei der Präsidentschaftswahl ab. (Foto: Brian Inganga/dpa)

Der autoritäre Präsident regiert Ruanda mit harter Hand. Menschenrechtler machen Kagame massive Vorwürfe. Berichten zufolge werden Regimegegner und kritische Journalisten eingesperrt, verschleppt und ermordet.

Amtsinhaber Paul Kagame steht bei der Präsidentschaftswahl in Ruanda vor einem deutlichen Sieg. Nach Auszählung von knapp 79 Prozent aller Stimmen kommt Kagame laut Wahlkommission auf mehr als 99 Prozent. Das offizielle Wahlergebnis soll spätestens am 27. Juli verkündet werden.

Wirkliche Konkurrenz hatte der autoritär regierende Kagame nicht zu fürchten. Sechs der acht Herausforderer wurden schon vorab von der Wahl ausgeschlossen. Die beiden verbliebenen Gegenkandidaten sind dieselben wie 2017. Der Vorsitzende der Grünen Partei, Frank Habineza, sowie der unabhängige Kandidat Philippe Mpayimana bleiben der Wahlkommission zufolge jeweils deutlich unter einem Prozent.

Afrika: Der Sieger steht schon fest

In Ruanda wird gewählt, aber es ist bereits sicher, dass der umstrittene Dauerherrscher Paul Kagame im Amt bleiben wird. Vom gekippten Migrationsdeal mit Großbritannien hat er profitiert.

Nach seinem voraussichtlichen Sieg bei der Präsidentenwahl würde Kagame eine vierte Amtszeit antreten. Bereits bei den vorangegangenen Wahlen hatte er jeweils mehr als 90 Prozent der Stimmen erhalten. Er ist seit 2000 Präsident des Landes, tatsächlich aber schon seit 1994 der starke Mann Ruandas. Damals war er als Führer der RPF aus dem ugandischen Exil in Ruanda einmarschiert und hatte den Völkermord der Hutu-Milizen an den Tutsi beendet. Danach war er zunächst Verteidigungsminister und Vizepräsident.

Zwar hat Kagame das Land nach dem Völkermord befriedet und die Wirtschaft wächst, doch um die Demokratie im Land steht es nicht gut. Seit Jahren kritisieren Menschenrechtsorganisationen die Verfolgung von Oppositionellen. Der Regierung wird vorgeworfen, kritische Stimmen durch Inhaftierung und Einschüchterung systematisch zum Schweigen zu bringen. Regimegegner und kritische Journalisten werden eingesperrt, verschleppt und ermordet.

Britischer Premier kündigt Migrationsabkommen auf

Aus der Parlamentswahl dürfte Kagames Partei, die Ruandische Patriotische Front (RPF), als stärkste Partei hervorgehen. Um die 80 Mandate im Parlament bewarben sich 670 Kandidaten. Eine Besonderheit Ruandas ist, dass weibliche Abgeordnete im Parlament den Bestimmungen zufolge eine Mehrheit stellen.

Besondere Aufmerksamkeit in Europa bekam Ruanda in den vergangenen Monaten immer wieder wegen des britischen Migrationsdeals. Der Deal sah vor, dass Menschen, die im Vereinigten Königreich um Asyl ersuchen, nach Ruanda geflogen werden. Dort sollte ihr Antrag bearbeitet werden und dort sollten sie im Fall eines positiven Bescheids bleiben dürfen. Für die ehemalige konservative britische Regierung war das Abkommen ein Prestigeprojekt. Umgerechnet etwa 300 Millionen Euro wurden bereits nach Ruanda überwiesen. Inzwischen aber hat der neue britische Premierminister, der Labour-Politiker Keir Starmer, den Deal gekippt, ohne dass ein einziger Asylbewerber aus Großbritannien je in Ruanda gelandet ist. Das Geld will Kagames Regierung dennoch behalten.

Kagames Politik der Gegensätze

Ruanda, das von den Nachwirkungen des verheerenden Genozids 1994 gezeichnet war, hat sich in kurzer Zeit zu einem der stabilsten und progressivsten Länder Afrikas entwickelt. Unter der Führung von Paul Kagame, der den Genozid durch eine militärische Intervention beendete, hat sich das Land zu einem der stabilsten und progressivsten Länder Afrikas entwickelt. Hier wurde das erste mehrheitlich weibliche Parlament der Welt gewählt und die Korruption erfolgreich bekämpft.

Trotz dieser beeindruckenden Entwicklungen und Vorreiterrolle bleibt Ruanda eines der ärmsten Länder der Welt. 44 Prozent der Bevölkerung leben in Armut, und die Kluft zwischen Arm und Reich ist groß. Während in der Hauptstadt Kigali eine Verbesserung der Lebensbedingungen für einige spürbar wird, ist in den ländlichen Gebieten die Armut immer noch tief verwurzelt.

Auch haben sich autoritäre Regierungsstrukturen unter Paul Kagame verfestigt und in der Realität unterdrückt die Regierung, die sich offiziell zu Rechtsstaatlichkeit bekannt hat, ihre Gegner*innen. Es gibt keine nennenswerte Opposition und Systemkritiker*innen verschwinden regelmäßig, es wird von Hinrichtungen berichtet. Die überwältigende Mehrheit, mit der Kagame in angeblich demokratischen Wahlen gewählt wird – 99 Prozent der Stimmen –, wirft Fragen über die Integrität und Fairness des Wahlprozesses auf.

Ruanda präsentiert sich gerne als gastfreundliches Land für Menschen auf der Flucht, die bei Ankunft sofort eine Arbeitserlaubnis erhalten und sich frei bewegen dürfen. Trotzdem lebt die Mehrheit dieser Menschen in Camps, wo ihre Möglichkeiten, ein Einkommen zu erzielen, stark eingeschränkt sind. Zudem wird berichtet, dass die ruandische Regierung vielen Menschen, die das Land verlassen wollen, die Ausreise verweigert.

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