19.10.2024
Sanierungsprogramm S3: Ein neuer Weg für die Deutsche Bahn

Sanierungsprogramm „S3“: Bahn an Politik: Wir haben einen Plan

In einem entscheidenden Schritt zur Bewältigung der Herausforderungen, vor denen die Deutsche Bahn (DB) steht, hat der Vorstandsvorsitzende Richard Lutz ein umfassendes Sanierungsprogramm mit dem Titel „S3“ vorgestellt. Dieses Programm, das intern bereits als ein Befreiungsschlag bezeichnet wird, ist auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt und konzentriert sich auf drei zentrale Bereiche: Infrastruktur, Betrieb und Wirtschaftlichkeit. Die Pläne sollen am 18. September 2024 in einer Sitzung des Aufsichtsrats diskutiert werden.

Das Sanierungsprogramm umfasst insgesamt 110 Seiten und enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, die darauf abzielen, die DB aus ihrer aktuellen finanziellen und betrieblichen Krise zu führen. Verkehrsminister Volker Wissing hat bereits klare Erwartungen geäußert: Innerhalb von drei Jahren soll die Deutsche Bahn profitabel werden. Wissing hat betont, dass alle relevanten Geschäftsfelder der Bahn defizitär sind und Fortschritte in sieben definierten Bereichen erwartet werden.

Die Herausforderungen der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn sieht sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, darunter ein marodes Schienennetz, unpünktliche Züge und hohe finanzielle Verluste. Im ersten Halbjahr 2024 meldete das Unternehmen einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro, was im Vergleich zu einem Verlust von 71 Millionen Euro im Vorjahr einen dramatischen Anstieg darstellt. Diese Situation hat den Druck auf den Bahnvorstand erhöht, schnell und effektiv zu handeln.

Das Sanierungsprogramm „S3“ zielt darauf ab, die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bahn zu verbessern, die in den letzten Jahren stark gelitten haben. Im Juli 2024 lag die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr bei lediglich 62 Prozent, ein Wert, der im internationalen Vergleich als unzureichend gilt. Wissing hat klargestellt, dass er eine Verbesserung der Pünktlichkeit und der allgemeinen Servicequalität erwartet.

Infrastruktur und Betrieb

Ein zentraler Bestandteil des Sanierungsplans ist die Verbesserung der Infrastruktur. Die DB plant, in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen in die Modernisierung und Instandhaltung der Schieneninfrastruktur zu tätigen. Dies umfasst sowohl die Erneuerung alter Strecken als auch den Ausbau neuer Verbindungen, um die Kapazität und Effizienz des Schienennetzes zu erhöhen.

Darüber hinaus wird der Betrieb der Züge optimiert. Die DB hat angekündigt, die Auslastung der Züge zu erhöhen und gleichzeitig die Anzahl der Züge auf weniger profitablen Strecken zu überprüfen. Dies könnte bedeuten, dass einige Verbindungen gestrichen oder angepasst werden, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Wissing hat jedoch betont, dass trotz der Forderung nach Wirtschaftlichkeit keine weniger rentablen Fernverkehrsstrecken gestrichen werden sollen.

Wirtschaftlichkeit und Personalabbau

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Programms ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der DB. Der Vorstand hat bereits angekündigt, dass in den nächsten fünf Jahren etwa 30.000 Stellen in der Verwaltung abgebaut werden sollen. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, die Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Gleichzeitig wird jedoch auch betont, dass in anderen Bereichen, wie dem Zugpersonal, weiterhin eingestellt werden soll.

Die DB sieht sich auch der Herausforderung gegenüber, die Personalproduktivität zu erhöhen. Wissing hat auf ein Missverhältnis zwischen den Stellen in der Verwaltung und den Arbeitskräften auf den Strecken hingewiesen. Hier sollen Effizienzsteigerungen erzielt werden, um die wirtschaftliche Basis des Unternehmens zu stärken.

Die Rolle der Politik

Die Politik spielt eine entscheidende Rolle in diesem Sanierungsprozess. Verkehrsminister Wissing hat angekündigt, dass er die Fortschritte der DB persönlich überwachen wird. Alle drei Monate soll ein Bericht über den Stand der Umsetzung des Sanierungsplans vorgelegt werden. Wissing hat klargestellt, dass er nicht nur die Förderung der Bahn unterstützt, sondern auch klare Anforderungen an die DB stellt, um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden.

Die DB hat in der Vergangenheit bereits mehrere Sanierungsversuche unternommen, die jedoch oft nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben. Daher ist die Skepsis gegenüber dem neuen Programm „S3“ groß. Kritiker weisen darauf hin, dass viele der angekündigten Maßnahmen bereits in früheren Programmen enthalten waren und deren Umsetzung oft gescheitert ist. Dennoch bleibt die Hoffnung, dass die DB mit diesem neuen Ansatz endlich die Wende schaffen kann.

Fazit

Das Sanierungsprogramm „S3“ stellt einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der Deutschen Bahn dar. Es bleibt abzuwarten, ob die DB in der Lage ist, die ambitionierten Ziele zu erreichen und die Herausforderungen, vor denen sie steht, erfolgreich zu bewältigen. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, ob die Maßnahmen Wirkung zeigen und ob die DB auf dem Weg zu einer profitablen und zuverlässigen Verkehrsgesellschaft ist.

Quellen:

  • Süddeutsche Zeitung
  • Capital
  • Zeit Online
  • taz.de
  • Merkur.de
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