19.10.2024
Neuer Gesetzentwurf der Ampelkoalition zur Beendigung der Staatsleistungen an Kirchen

Gesetzentwurf der Ampel: Keine Staatsleistungen mehr für die Kirchen

Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP plant, die staatlichen Zahlungen an die beiden großen Kirchen in Deutschland zu beenden. Diese Zahlungen, die jährlich über 600 Millionen Euro betragen, sind eine Folge der Säkularisation, die im 19. Jahrhundert stattfand, als kirchliche Güter und Grundstücke enteignet wurden. Der Staat hat seitdem die Pflicht, die Kirchen für diese Enteignungen zu entschädigen. Diese Pflicht ist im Grundgesetz verankert, das die Vorgaben der Weimarer Reichsverfassung übernommen hat.

Die Religionspolitiker der Ampelkoalition sind derzeit dabei, einen Gesetzentwurf zu formulieren, der die Ablösung dieser Staatsleistungen regeln soll. Dies geschieht im Rahmen eines sogenannten Grundsätzegesetzes, das im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung schaffen soll. Lars Castellucci, der religionspolitische Sprecher der SPD, betont, dass es sich um ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel handelt, das bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde.

Die geplanten Änderungen stoßen jedoch auf Widerstand von Seiten der Bundesländer. Viele Länder lehnen das Vorhaben ab und argumentieren, dass eine Zustimmung des Bundesrats erforderlich sein sollte. Rainer Robra, der Chef der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt, warnte vor einem Alleingang der Ampelkoalition und forderte, dass ein zustimmungspflichtiges Gesetz vorgelegt werden sollte. Die Länder betonen, dass sie die Zahlungen aus ihren eigenen Haushalten leisten und daher ein Mitspracherecht haben sollten.

Die Ampelkoalition plant, den Gesetzentwurf so zu gestalten, dass die Zustimmung des Bundesrats nicht erforderlich ist. Dies soll durch vage Formulierungen im Gesetzestext erreicht werden, die den Ländern nicht vorschreiben, wie die Ablösung konkret zu erfolgen hat. Castellucci erklärte, dass es sich nicht um einen Text handeln werde, der den Ländern die Form der Ablösung vorschreibt.

Die Diskussion um die Staatsleistungen an die Kirchen ist nicht neu. Bereits in der Weimarer Reichsverfassung wurde die Ablösung dieser Zahlungen gefordert, und das Grundgesetz hat diesen Auftrag übernommen. Die Kirchen erhalten die Zahlungen als Entschädigung für die Enteignung ihrer Güter, die in der Vergangenheit stattfand. Die Höhe der Zahlungen variiert je nach Bundesland und umfasst unter anderem Gehälter für Kleriker sowie Mittel für den Erhalt von Kirchengebäuden.

Die Ampelkoalition sieht die Beendigung der Staatsleistungen als einen Schritt in Richtung einer stärkeren Trennung von Kirche und Staat. In den letzten Jahren gab es einen Anstieg der Kirchenaustritte in Deutschland, was die Diskussion über die Rechtfertigung der Staatsleistungen weiter anheizt. Kritiker der Zahlungen argumentieren, dass in einer zunehmend säkularen Gesellschaft die staatliche Unterstützung für die Kirchen nicht mehr gerechtfertigt ist.

Die Verhandlungen über die Ablösung der Staatsleistungen sind jedoch kompliziert und erfordern eine Einigung zwischen Bund, Ländern und Kirchen. Die Ampelkoalition hat sich zum Ziel gesetzt, diese Ablösung noch in dieser Legislaturperiode zu erreichen, auch wenn die finanziellen Rahmenbedingungen in den Ländern angespannt sind. Die Länder befürchten, dass die Ablösung der Staatsleistungen zu finanziellen Belastungen führen könnte, insbesondere wenn es um die Entschädigungszahlungen geht.

Einige Stimmen aus der Union schlagen vor, den Passus über die Ablösung der Staatsleistungen im Grundgesetz zu streichen. Günter Krings, der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, äußerte, dass das Verhältnis zwischen Staat und Kirche sich seit 1919 auch ohne die Ablösung der Staatsleistungen gut entwickelt habe. Dies wirft die Frage auf, ob der Verfassungsauftrag nicht überholt sei und durch eine Änderung des Grundgesetzes abgeschafft werden könnte.

Die Ampelkoalition steht vor einer Herausforderung, da sie die Zustimmung der Länder benötigt, um den Gesetzentwurf erfolgreich umzusetzen. Die Diskussion über die Staatsleistungen an die Kirchen wird voraussichtlich auch in den kommenden Monaten ein zentrales Thema in der politischen Debatte bleiben. Die Kirchen selbst haben ebenfalls Interesse an einer Klärung der Situation, da sie eine Ablösung der Staatsleistungen anstreben, um ihre finanzielle Basis zu sichern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die geplante Beendigung der Staatsleistungen an die Kirchen ein bedeutendes politisches Vorhaben darstellt, das sowohl rechtliche als auch gesellschaftliche Implikationen hat. Die Ampelkoalition verfolgt mit ihrem Gesetzentwurf das Ziel, einen lange bestehenden Verfassungsauftrag zu erfüllen und die Trennung von Kirche und Staat zu stärken. Ob dies gelingt, hängt jedoch von der Bereitschaft der Länder ab, sich auf eine gemeinsame Lösung zu einigen.

Die Diskussion um die Staatsleistungen an die Kirchen wird weiterhin kontrovers geführt, und es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Verhandlungen entwickeln werden.

Quellen: F.A.Z., n-tv, Zeit Online, Rheinische Post, Hasepost.

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