19.10.2024
Bewerbergoogeln im Fokus rechtlicher und ethischer Fragestellungen

Kolumne „Mein Urteil“: Dürfen Unternehmen Bewerber googeln?

In der heutigen digitalen Welt ist es für Arbeitgeber einfacher denn je, Informationen über potenzielle Mitarbeiter zu sammeln. Die Frage, ob Unternehmen Bewerber googeln dürfen, wirft jedoch zahlreiche rechtliche und ethische Überlegungen auf. Diese Thematik wurde in der Kolumne „Mein Urteil“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Prof. Dr. Michael Fuhlrott behandelt, die sich auf eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf stützt.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Der Zugang zu Informationen über Bewerber ist durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen geregelt. Insbesondere das Datenschutzrecht spielt eine wesentliche Rolle. Gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dürfen personenbezogene Daten nur verarbeitet werden, wenn dies rechtmäßig ist. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber nur solche Informationen einholen dürfen, die für die Einstellungsentscheidung relevant sind. Informationen über den beruflichen Werdegang, Zeugnisse und Qualifikationen sind zulässig, während private Informationen, wie familiäre Verhältnisse oder persönliche Interessen, nicht ohne weiteres einbezogen werden dürfen.

Ausnahmen bei beruflichen Netzwerken

Eine Ausnahme könnte bei der Recherche in beruflichen Netzwerken wie LinkedIn oder XING bestehen. Hier könnte man argumentieren, dass Bewerber durch ihre aktive Präsentation in diesen Netzwerken stillschweigend ihre Zustimmung zur Einsichtnahme gegeben haben. Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn es um die Nutzung anderer sozialer Medien wie Instagram oder Facebook geht. Informationen aus diesen Plattformen sollten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie klar beruflichen Bezug haben.

Anlasslose Google-Recherche

Ein zentrales Ergebnis der genannten Kolumne ist, dass eine anlasslose Google-Recherche unzulässig ist. Arbeitgeber dürfen Bewerber nur dann googeln, wenn es konkrete Anhaltspunkte für unwahre Angaben gibt. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Informationen im Lebenslauf im Widerspruch zu den Angaben im Vorstellungsgespräch stehen. Eine bloße Neugier oder das allgemeine Interesse an einem Bewerber reichen nicht aus, um eine solche Recherche zu rechtfertigen.

Rechtsfolgen bei unzulässiger Datenverarbeitung

Die unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten kann für Unternehmen erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Sollte ein Bewerber die Datenschutzaufsichtsbehörde informieren, könnten Geldbußen verhängt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass der Bewerber Schadensersatzansprüche geltend macht, auch wenn der Schaden nicht erheblich sein muss. Dies stellt ein Risiko für Unternehmen dar, die sich nicht an die rechtlichen Vorgaben halten.

Fallbeispiel aus der Rechtsprechung

Im konkreten Fall, der dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zugrunde lag, war die Google-Recherche des Arbeitgebers erlaubt, da der Name des Bewerbers in Verbindung mit mehreren Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie einer strafrechtlichen Verurteilung bekannt war. Dennoch entschied das Gericht, dass der Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro erhalten sollte, da er nicht über die durchgeführte Google-Recherche informiert worden war. Dies verdeutlicht, dass selbst wenn eine Recherche rechtlich zulässig ist, die Informationspflicht gegenüber dem Bewerber nicht vernachlässigt werden darf.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unternehmen beim Googeln von Bewerbern vorsichtig agieren müssen. Es ist entscheidend, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten und sicherzustellen, dass nur relevante Informationen eingeholt werden. Arbeitgeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass die unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten nicht nur rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, sondern auch das Vertrauen der Bewerber in den Einstellungsprozess beeinträchtigen könnte. Daher ist eine transparente Kommunikation und die Einhaltung der Datenschutzrichtlinien unerlässlich.

Die vollständige Diskussion zu diesem Thema und weitere rechtliche Einschätzungen sind in der Fachzeitschrift NZA-RR 2024 zu finden.

Quellen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Fuhlrott Arbeitsrecht

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