September 29, 2024
Bürgerwissenschaft in Deutschland die Rolle der Laien in der Forschung

In Deutschland engagieren sich laut Expertenschätzungen jährlich mehrere Zehntausend Menschen ehrenamtlich in wissenschaftlichen Projekten. Diese Co-Forscher, auch bekannt als Laien- oder Bürgerwissenschaftler, leisten einen wertvollen Beitrag zur Forschung, so eine Sprecherin von «mit:forschen», der zentralen Plattform für Citizen Science in Deutschland. Die Plattform vernetzt wissenschaftliche Einrichtungen mit Bürgern und bietet aktuell rund 290 bürgerwissenschaftliche Projekte aus verschiedenen Disziplinen an.

Auch außerhalb wissenschaftlicher Institutionen gibt es zahlreiche Initiativen, die auf die Mitarbeit von Laien ohne spezifischen Fachhintergrund angewiesen sind. Bürgerwissenschaftler beschäftigen sich traditionell vor allem mit Umweltthemen, Naturschutz und Astronomie, sind aber auch in den Ingenieurwissenschaften, der Heimatforschung oder den Geisteswissenschaften aktiv.

Bedeutung von Citizen Science nimmt zu

«Wissenschaftler bringen ihre Fachexpertise ein, Laienwissenschaftler Allgemeinwissen, ihre Zeit und Motivation, besondere Talente und spezifische Erfahrungen», erklärt Judith Bremer, Geoökologin am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die zum Thema Citizen Science forscht. Die Bedeutung dieses Konzepts wachse stetig und sei insgesamt beträchtlich.

Ein großer Vorteil von Citizen Science ist die Möglichkeit, große Datenmengen zu erheben, indem viele Menschen an vielen Orten und/oder zu vielen Zeitpunkten Beobachtungen melden oder Messungen durchführen. «Solche flächendeckenden Erhebungen sind mit den Ressourcen der institutionellen Wissenschaft allein oft gar nicht möglich.», erläutert die Sprecherin von «mit:machen». Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Aktion «Stunde der Gartenvögel», an der in diesem Jahr 58.000 Menschen teilnahmen und eine Stunde lang Vögel zählten.

Citizen Science ermöglicht es der Wissenschaft, auf das Wissen und die Ressourcen einer breiten Öffentlichkeit zurückzugreifen. Dies ist besonders wertvoll bei Projekten, die großflächige Datenerhebung, seltene Ereignisse oder die Expertise von Laien erfordern.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Die Einsatzmöglichkeiten von Bürgerwissenschaftlern sind vielfältig. Sie reichen von der Beobachtung und Dokumentation von Tier- und Pflanzenarten über die Analyse von astronomischen Daten bis hin zur Unterstützung bei der Entwicklung neuer Technologien.

Ein Beispiel für ein erfolgreiches Citizen-Science-Projekt ist «Plastic Pirates – Go Europe!». Jugendliche zwischen zehn und 16 Jahren aus Deutschland, Portugal und Slowenien sammeln dabei Plastikmüll an den Ufern von Flüssen und Bächen, dokumentieren die verschiedenen Arten des gesammelten Mülls und unterstützen so länderübergreifend die Forschung.

Förderung und Unterstützung

Die Bedeutung von Citizen Science wird zunehmend erkannt und von staatlicher Seite gefördert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt Citizen Science seit 2016 mit einem eigenen Förderprogramm.

Auch die Europäische Union (EU) fördert Citizen Science im Rahmen des Programms «Horizon Europe». Ziel ist es, die Bürgerbeteiligung in der Forschung zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu verbessern.

Chancen und Herausforderungen

Citizen Science bietet große Chancen für die Wissenschaft, birgt aber auch Herausforderungen. So ist es wichtig, die Qualität der von Bürgerwissenschaftlern erhobenen Daten sicherzustellen.

Zudem müssen ethische Aspekte berücksichtigt werden, beispielsweise der Datenschutz und die Privatsphäre der Teilnehmer.

Zukunft der Bürgerwissenschaft

Citizen Science hat sich zu einem wichtigen Bestandteil der modernen Forschung entwickelt. Es ist zu erwarten, dass die Bedeutung von Bürgerwissenschaftlern in Zukunft weiter zunehmen wird.

Neue Technologien, wie beispielsweise Smartphones und Apps, erleichtern die Teilnahme an Citizen-Science-Projekten und ermöglichen es, noch mehr Menschen in die Forschung einzubinden.

Quelle: dpa Baden-Württemberg

Weitere Informationen:

  • https://www.zeit.de/news/2024-09/29/forschung-profitiert-von-buergerwissenschaftlern
  • https://www.dfg.de/de/grundlagen-themen/entwicklungen-im-wissenschaftssystem/partizipation
  • https://www.vbio.de/verantwortung/citizen-science
  • https://www.bmbf.de/bmbf/de/ueber-uns/wissenschaftskommunikation-und-buergerbeteiligung/buergerbeteiligung/citizen-science/citizen-science_node.html
  • https://www.forschung-und-lehre.de/karriere/junge-akademie-will-kinder-fuer-wissenschaft-begeistern-5829
  • https://www.bayer-foundation.com/de/wissenschaft
  • https://www.wissenschaftskommunikation.de/wissenschaft-und-forschungspolitik-profitieren-von-der-einbindung-der-buergerinnen-54875/
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