23.10.2024
BVB nach Umstellung mit 2:5 Demontage durch Real Madrid

Zunächst leistete Nuri Şahin noch Widerstand, als es nach dem Spielende um seine Trainerleistung ging, welche die Kommentatoren draußen in der digitalen Welt längst mit dem unschönen Begriff „vercoacht“ beschrieben. „Ich glaube nicht, dass es am Systemwechsel lag“, sagte der Trainer von Borussia Dortmund, der seine eigentlich gut funktionierende Viererkette mit der Einwechslung von Waldemar Anton in eine Fünferkette umgewandelt hatte. Der BVB führte zu diesem Zeitpunkt 2:0 im berühmten Estadio Santiago Bernabéu und wurde anschließend spektakulär von Real Madrid überrollt, wie die F.A.Z. berichtet.

Später auf der Pressekonferenz hatte Şahin dann begriffen, dass die Erklärung, mit seiner Umstellung die Wucht der gegnerischen Außenbahnspieler Vinícius Júnior und Rodrygo stoppen zu wollen, niemanden mehr wirklich interessierte nach dieser 2:5-Niederlage. Die „Vercoacht“-Erzählung war in der Welt, also räumte Şahin schließlich ein, dass sein Plan „nicht aufgegangen“ sei, „und das ist dann auch mein Fehler“. Şahin ist eben ein sehr unerfahrener Trainer, mit seinen 36 Jahren absolvierte er erst sein elftes Pflichtspiel als Chefcoach des BVB. Zuvor arbeitete er in dieser Rolle nur im Kampf gegen den Abstieg aus der türkischen Süper Lig.

Die Dortmunder haben diesen Mangel bewusst in Kauf genommen und müssen jetzt mit einem Trainer leben, der erst noch ankommen muss auf diesem Niveau. Und der auch eine gewisse Ehrfurcht vor seiner Aufgabe ausstrahlt, was neben dem erfahrenen Kollegen Carlo Ancelotti von Real Madrid besonders auffällig war. Aber das ist nur eine Episode der Geschichte dieses denkwürdigen Fußballabends. Zu den Gründen für dieses Champions-League-Drama gehören auch die faszinierenden Kräfte des Titelverteidigers.

Zwischenzeitlich berauschten sich die Spanier geradezu an der eigenen Auferstehung und der zunehmenden Dortmunder Verzweiflung. „Wir waren in einem Strudel gefangen, wo wir es nicht mehr geschafft haben uns rauszulösen“, sagte Julian Brandt. Und Matthias Sammer, der innerlich kochende Berater der Dortmunder Geschäftsführung, rückte noch ein ganz anderes Thema in den Fokus.

Sammer: Spieler wissen nicht, „was man fühlen muss auf dem Spielfeld“

Sammer war als TV-Experte in Madrid und muss in dieser Funktion mit seinen Kommentaren zum BVB aufpassen, wo er tiefe Einblicke hat. Seine Worte rund um die Spiele des Revierklubs wirken anders als die Analysen anderer Experten. Also sprach er diesmal nur indirekt über Borussia Dortmund, setzte stattdessen zu einer Art Grundsatzkritik am deutschen Fußball an und zog eine Linie zur Viertelfinalniederlage der Nationalmannschaft gegen Spanien bei der EM.

„Wir sollten in der Bewertung im deutschen Fußball lernen, was wichtig ist“, sagte Sammer, und dabei handle es sich eben nicht nur um messbare Faktoren und strategisch-taktische Aspekte, sondern um „Persönlichkeit auf dem Platz“. Sammer forderte, „solche Themen wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen, statt alles erklärbar zu machen“. Ein Problem bestehe darin, dass viele Spieler „nicht wissen, was man fühlen muss auf dem Spielfeld“.

Das war eine interessante Beobachtung, die ganz gut passte: Die Dortmunder hatten nicht mehr das Richtige gefühlt in der intensiven Atmosphäre des Bernabéu, sie waren emotional verwirrt, mutlos, zaghaft geworden. Womöglich traf das sogar auf Trainer Şahin zu. Eine Mannschaft, die in eine gegnerische Druckphase hineingerät, müsse „in der Lage sein, zu verteidigen“, sagte Sammer und fragte provokant: „Gehört das nicht mehr zum Fußball dazu?“

Das ist eine Kritik, die in Spanien, England oder Italien oft formuliert wird. Deutschen Teams wird nachgesagt, sie könnten nicht gut verteidigen. Es werde intensiv über Systematiken und Ballbesitzqualität, die Positionierung von Spielern, expected goals und ähnliche theoretische Aspekte gesprochen, „wir versuchen alles statistisch darzustellen“, sagte Sammer, „aber manche Dinge, die sind einfach nicht statistisch.“

Das waren spannende Gedanken, die noch nachwirken werden und beinahe in Vergessenheit gerieten ließen, dass die Dortmunder zuvor eine hervorragende erste Hälfte gespielt hatten. Zur Pause führte das Team nach sehr schön herausgespielten Toren von Donyell Malen (30.) und Serhou Guirassy (34.) 2:0. Felix Nmecha war der Herrscher über das Mittelfeldzentrum, Guirassy zeigte, dass er selbst auf dem höchsten Niveau nicht nur ein guter Torjäger, sondern auch ein starker Kombinationsspieler ist. Abwehrspieler Nico Schlotterbeck verteidigte brillant, und die Außenverteidiger Julian Ryerson und Ramy Bensebaini setzten viele Impulse in der Offensive.

Eigentlich hatten die Dortmunder sich sogar in der zweiten Hälfte nach den beiden ersten Gegentoren durch Antonio Rüdiger (60.) und Vinícius Júnior (62.) wieder ein bisschen stabilisiert. Bis tief in die Schlussphase hinein waren sie voll im Spiel. Unmittelbar vor dem Treffer zum 3:2 für Real (83.) durch Lucas Vázquez hatte die Mannschaft noch eine gute Kontermöglichkeit, die nicht sauber ausgespielt wurde, so dass Maximilian Beier aus einer etwas ungünstigen Position abschließen musste.

Die Gründe für die Dortmunder Niederlage

Die Gründe für die deutliche 2:5 Niederlage des BVB gegen Real Madrid sind vielfältig. Zum einen war da die taktische Umstellung von Trainer Nuri Şahin, die das Spielgeschehen auf den Kopf stellte. Die Einwechslung von Waldemar Anton für Jamie Gittens in der 55. Minute und die damit verbundene Umstellung auf eine Fünferkette brachte den Bruch ins Spiel der Borussia. Nur sieben Minuten später glich Real durch Tore von Antonio Rüdiger (60.) und Vinícius Júnior (62.) aus. Weitere Tore von Lucas Vásquez (83.) und Vinícius Júnior (86./90.+3) besiegelten die Dortmunder Niederlage. Sahin stand damit im Mittelpunkt einer hitzigen Debatte um einen folgenschweren Wechsel, der ihm vor allem im Internet viel Kritik einbrachte.

Doch auch die Einstellung der Spieler in der zweiten Halbzeit war ausschlaggebend für die Niederlage. Sebastian Kehl, Sportdirektor des BVB, sprang Sahin zur Seite und meinte, dass der Einbruch weniger mit der taktischen Umstellung des Trainers zu tun als mit der Einstellung der Profis habe: «Jetzt über taktische Dinge zu reden, macht keinen Sinn, weil wir in der zweiten Halbzeit grundsätzlich nicht mehr so aufgetreten sind wie in der ersten Halbzeit.»

Zudem verwies Kehl auf die großen Qualitäten des spanischen Starensembles, das für seine Comeback-Qualitäten bekannt ist: «Wir haben in der Pause explizit angesprochen, dass nach dem Seitenwechsel ein anderes Spiel auf uns zukommen würde, dass Real das so nicht auf sich sitzen lassen wird, deutlich höher stehen und deutlich mehr Druck aufbauen wird», erklärte Kehl, «das hat uns dann schnell eingeholt.»

Ein weiterer Grund für die Niederlage war die schlechte Leistung der Defensive. Gregor Kobel, Torhüter des BVB, machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: «Die Auswechslungen sind nicht mein Thema. Aber es fühlt sich direkt nach dem Spiel kacke an. Du kriegst hier fünf Dinger rein. Wir müssen besser verteidigen, wir bekommen zu viele Tore».

Fazit

Die Dortmunder Niederlage in Madrid war ein herber Rückschlag, der viele Fragen aufwirft. Nuri Şahin steht nach der Partie in der Kritik. Ob er sich als Trainer beim BVB auf Dauer halten kann, wird sich zeigen. Die Borussia muss nun schnellstmöglich die richtigen Lehren aus dieser bitteren Pleite ziehen, um in der Liga nicht noch weiter abzurutschen.

Quellen:

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