Die Debatte um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland ist aktueller denn je. Im November 2024 zeichnen Experten ein eher pessimistisches Bild der deutschen Wirtschaft, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Ehemalige Spitzenmanager und Wirtschaftsvertreter äußern sich besorgt über die aktuelle Lage und mahnen zu Veränderungen.
René Obermann, ehemaliger Telekom-Chef und aktueller Verwaltungsratschef von Airbus, beobachtet die deutsche Energiedebatte und die deutsch-französische Zusammenarbeit mit Frustration, besonders im militärischen Bereich. Deutschland wirke „bräsig“, so Obermann gegenüber der SZ. Ähnlich kritisch äußert sich Thomas Schulz, Chef des Industriedienstleisters Bilfinger. Er berichtet von Skepsis gegenüber der deutschen Herangehensweise, insbesondere in skandinavischen Ländern wie Dänemark. Das Ansehen von „Made in Germany“ habe stark gelitten.
Die Ursachen für die derzeitige Situation reichen laut SZ weit zurück und liegen tiefer als der Wahlsieg von Donald Trump oder die zunehmende Konkurrenz aus China. Obermann berichtet von langwierigen Diskussionen vor Jahren über die Investitionsbereitschaft in Deutschland. Obwohl sein Unternehmen weiterhin hierzulande aktiv sei, stellt er die Frage nach einer förderlichen Gründer- und Unternehmenskultur. Ein Beispiel aus einem Gespräch mit einer Gründerin verdeutlicht seine Bedenken: An einer Technischen Universität wurde ihr von einem Mitarbeiter prophezeit, mit ihrer Selbstständigkeit zu scheitern. Dies zeige den Zusammenhang zwischen Motivation und Innovation, so Obermann.
Auch Siegfried Russwurm, scheidender Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), sieht die Lage kritisch. Wie die SZ berichtet, sprach er bereits im Frühjahr von „zwei verlorenen Jahren“ der Ampelkoalition, die die Probleme der Wirtschaft nicht ausreichend angegangen sei. Er bemängelt eine fehlende Konsequenz in den Diskussionen und spricht sich für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit aus. Es gebe Menschen, die mehr arbeiten wollen, aber nicht dürfen. „Bei 42 Stunden fällt doch nicht jeder tot von der Stange“, so Russwurm.
Ein weiteres Problem sieht Russwurm in der Energiefrage. Unternehmen benötigten Planungssicherheit und müssten wissen, mit welchen Energiepreisen sie kalkulieren können. Die SZ betont, dass mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus und der expansiven chinesischen Industrie die Herausforderungen für die europäische und insbesondere die deutsche Wirtschaft weiter zunehmen dürften.
René Obermann sieht laut SZ vor allem dann Schwierigkeiten, wenn der Handelskonflikt zwischen den USA und China eskaliert. Europa, und besonders das exportorientierte Deutschland, würden dann „wie ein Schwamm“ zwischen die beiden Großmächte gezogen. Auf die Frage nach seiner Bekanntschaft mit Elon Musk, dem engen Vertrauten von Donald Trump, verneint Obermann. Er kenne zwar viele amerikanische Unternehmer persönlich, aber Musk gehöre nicht dazu.
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