Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat ein wichtiges Urteil zur Auskunftspflicht von Angehörigen gegenüber Sozialhilfeträgern gefällt, wenn es um die Finanzierung der Pflege von Eltern geht. Wie die Zeit berichtet, bestätigte das Gericht die Begrenzung der Auskunftspflicht, insbesondere hinsichtlich des Vermögens der Angehörigen. Der Fall betrifft einen Mann, dessen Vater in einem Seniorenheim lebt und dessen Pflegekosten vom Landkreis Neuwied, dem Sozialhilfeträger, übernommen werden. Der Landkreis recherchierte im Internet Informationen über die Arbeitgeberin des Mannes und vermutete daraufhin ein Jahreseinkommen von über 100.000 Euro. Daraufhin forderte der Kreis vom Sohn Auskunft über sein Einkommen und Vermögen. Der Sohn weigerte sich und argumentierte, dass die vom Landkreis gefundenen Informationen die gesetzliche Vermutung eines Einkommens unter 100.000 Euro nicht widerlegen und somit keine Auskunftspflicht bestehe.
Das BSG gab dem Sohn recht. Demnach dürfen Vermögensauskünfte nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz erst dann verlangt werden, wenn die Einkommensgrenze von 100.000 Euro tatsächlich überschritten wird, so der 8. Senat. Seit Januar 2020 sind Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 Euro zum Elternunterhalt verpflichtet. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltspflichtigen Angehörigen diese Grenze nicht überschreitet. Für eine Auskunftspflicht müssen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für eine Überschreitung dieser Grenze vorliegen. Erst dann darf der Sozialhilfeträger ermitteln, wie auch Haufe.de erläutert.
Im vorliegenden Fall hatte das Sozialgericht Köln die Klage des Mannes zunächst abgewiesen, das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hob dieses Urteil jedoch auf. Es sah zwar hinreichende Anhaltspunkte für die Überschreitung der Einkommensgrenze, entschied aber, dass der Sozialhilfeträger zunächst nur Auskünfte zum Einkommen einholen dürfe. Erst bei tatsächlicher Überschreitung der 100.000-Euro-Grenze bestehe ein umfassendes Auskunftsrecht, das auch das Vermögen umfasse. Das umfassende Auskunftsverlangen des Landkreises sei daher rechtswidrig.
Der Sozialhilfeträger legte Revision ein und argumentierte, dass das vom Landessozialgericht geforderte gestufte Auskunftsverfahren keine gesetzliche Grundlage habe. Bestehe der Verdacht der Überschreitung der Einkommensgrenze, müsse auch die Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen bestehen, um den Unterhaltsanspruch umfassend prüfen zu können. Das BSG folgte dieser Argumentation nicht. Der Verwaltungsakt sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Zwar lägen hinreichende Anhaltspunkte für ein Einkommen von über 100.000 Euro vor, diese müssten aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Überschreitung darstellen. Die Informationsbeschaffung aus dem Internet, einer öffentlich zugänglichen Quelle, sei dem Sozialhilfeträger nicht zu verwehren.
Die Auskunftspflicht beschränke sich jedoch zunächst auf die Einkommensarten. Daraus ergebe sich das vom Landessozialgericht geforderte gestufte Auskunftsverfahren. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung der Auskunftspflicht vor allem erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern entlasten wollen. Eine Ausweitung der Auskunftspflicht stehe dem entgegen. Ähnlich argumentiert auch die Kanzlei Hasselbach auf ihrer Webseite und betont, dass nur in Fällen grober Unbilligkeit, wie beispielsweise schwerer Verfehlungen der Eltern gegenüber den Kindern, ein vollständiger Ausschluss der Unterhaltspflicht möglich sei. Steuertipps.de weist darauf hin, dass die endgültige Einkommenshöhe erst am Jahresende feststeht und daher bis dahin keine Unterhaltszahlungen geleistet werden müssen.
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