19.10.2024
EM-Finale 2024: England scheitert und verlässt Berlin ohne Trophäe

EM-Finale 2024: England ist nach Niederlage der Jäger ohne Beute

Und wieder hat es nicht geklappt: Als es im Finale einen echten Gegner zu knacken gilt, erweisen sich Englands Fähigkeiten als Illusion. Die Erkenntnis daraus ist eindeutig.

Gareth Southgate schien sich ein wenig ertappt zu fühlen. „Wir waren nicht gut genug“, gab der traurige Trainer der englischen Fußball-Nationalmannschaft zu. Wie seit 58 Jahren endete ein Turnier ohne fette Beute; im Goldregen nahmen die Spanier den silbernen Pokal mit.

Die Engländer mögen gute Verlierer sein. Aber sie sind ganz gewiss schlechte Gewinner. Und sie hätten uns ihre wichtigste Erkenntnis aus ihren sechs EM-Spielen 2024 unter die Nase gerieben: dass die jetzt deutscher als die Deutschen selbst spielen. Man muss sich ja nur anschauen, wie sie überhaupt ins Finale gekommen sind.

Zwei Unentschieden und ein 1:0 gegen Serbien: Mickriger kann man eine EM-Vorrunde kaum überstehen. Das kannte man bisher von wem? Eben. Wir haben für unsere Überlebensstrategie den Begriff „Turniermannschaft“ zurechtgelegt.

Wir haben die Bezeichnung geliebt, weil sie unsere Spielweise verharmloste: hässlich spielen, aber weiterkommen. So wie England 2024.

Dann Achtelfinale gegen die Slowakei: praktisch ausgeschieden, bis Jude Bellingham in letzter Sekunde die Wende einleitete - mit einem Fallrückzieher wie unser Klaus Fischer. Noch Fragen? Viertelfinale Schweiz: Entscheidung im Elfmeterschießen. Alle fünf drin, ohne zu wackeln - das hatte mit England nichts mehr zu tun, das war typisch deutsch.

Engländer kopierten das „Made in Germany“

Wir, die plötzlich schönen Fußball wollen und zeigen, mussten mitansehen, wie die Engländer das „Made in Germany“ kopierten. Dieselben Engländer, die uns seit Jahrzehnten verachten und sich „das Mutterland des Fußballs“ nennen.

Unter Trainer Southgate spielten sie deutsch und mischten unser Sieger-Gen in ihre Spielweise. Der Halbfinalsieg gegen Holland: fast wie 1990.

Im Finale spielten sie wieder ihren Stiefel runter: Die Spanier bekamen Ball und Rasen - und die Engländer warteten darauf, dass ihnen Glück, Zufall oder Müdigkeit die Gelegenheit zum Torschuss erlaubte. Das geschah nach ziemlich genau 45 Spielminuten zum ersten Mal. So einer Mannschaft gönnt man keine Europameisterschaft. Auch aus einem anderen Grund.

Bisher sind wir ja immer damit gut gefahren, dass England seit dem dritten Tor von Wembley 1966 nichts mehr gerissen hat und von den 28 Turnieren, die folgten, kein einziges gewonnen hat. Wir dagegen: dreimal Weltmeister, dreimal Europameister und sogar Sieger im Confed Cup 2017 in Russland: Die Heimat.

Zwei Stunden nach dem Abpfiff des Finales sagte Kapitän Harry Kane noch immer wie betäubt aus, er könne es nicht fassen. Der Fluch, der seit 1966 über England lastet, wird weiter bestehen bleiben. Die Three Lions müssen weiter auf den nächsten Titel warten.

Die Engländer verließen den Rasen des Berliner Olympiastadions mit hängenden Köpfen, während die Spanier ihren vierten Europameistertitel feierten. Die Frage, wann England wieder einen Titel gewinnt, bleibt weiter unbeantwortet.

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