Im schwäbischen Burlafingen, unweit von Neu-Ulm, befindet sich eine Sammlung von Alltagsfotografie, die ihresgleichen sucht. Die Walther Collection, zusammengetragen vom ehemaligen Investmentbanker Artur Walther, beherbergt eine bemerkenswerte Vielfalt an Fotografien aus verschiedenen Zeiten und Ländern. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) berichtet, faszinieren den Sammler besonders die „objektiven Aspekte der Fotografie“ und Arbeiten mit seriellem Charakter.
Artur Walther, der im Alter von 45 Jahren seinen Job an der Wall Street aufgab, um sich seiner Leidenschaft für die Fotografie zu widmen, beschreibt seine Sammlertätigkeit als eine „wahnsinnige Liebe“ und „Fokussierung“. Diese Hingabe spiegelt sich in der Qualität und Tiefe seiner Sammlung wider.
Die Walther Collection ist nicht nur ein Ort der Bewahrung, sondern auch der Forschung und des Ausstellens. Neben dem Standort in Burlafingen, der Besuchern kostenlosen Eintritt bietet, verfügt die Sammlung über einen weiteren Standort im West Chelsea Arts Building in New York, Walthers Wahlheimat.
Den Grundstein für die Walther Collection legten Arbeiten von Bernd und Hilla Becher, Karl Blossfeldt und August Sander. Walthers Interesse an der Neuen Sachlichkeit führte ihn schließlich zur Fotografie aus Afrika und Asien, wo er Parallelen zu den europäischen Strömungen entdeckte. Mit Unterstützung des renommierten Kurators Okwui Enwezor baute er eine der größten privaten Sammlungen afrikanischer Fotografie auf.
Die aktuelle Ausstellung „Wer wir sind“ in Burlafingen, die bis zum 30. März 2025 läuft, widmet sich dem Thema Porträtfotografie und vernakularer Fotografie. Letztere bezeichnet nicht-künstlerische Aufnahmen von anonymen Fotografen und stellt den Alltag und die Lebenswelt der Abgebildeten in den Mittelpunkt.
Die Ausstellung, kuratiert von Brian Wallis, dem ehemaligen Chefkurator des International Center of Photography in New York, präsentiert eine beeindruckende Bandbreite an Motiven: von fast unkenntlich gewordenen Privatbildern, die nach dem Tsunami in Japan gesammelt wurden, über Fahndungsfotos aus den USA bis hin zu privaten Aufnahmen von Menschen in alltäglichen Situationen.
Die F.A.Z. hebt hervor, dass Walther mit seiner Ausstellung „Tiefenschärfe“ anstrebt und sich nicht in der „Beliebigkeit“ des Materials verliert. Bereits 2018 organisierte er ein Symposium an der Columbia University in New York, das die Alltagsfotografie aus verschiedenen disziplinären Perspektiven beleuchtete. Die Ergebnisse des Symposiums flossen in die Publikation „Imagining Everyday Life: Engagements of Vernacular Photography“ ein, die als Standardwerk über das Genre gilt.
Die Walther Collection in Burlafingen bietet einen einzigartigen Einblick in die Geschichte der Alltagsfotografie und zeigt, wie diese unser Verständnis von Identität und Gesellschaft prägt. Die Ausstellung „Wer wir sind“ lädt Besucher dazu ein, sich mit der Vielfalt und Bedeutung dieser oft übersehenen Form der Fotografie auseinanderzusetzen.
Quellen:
- The Walther Collection: https://www.walthercollection.com/