19.10.2024
EU-Behörde weist Alzheimer-Medikament zurück und löst Diskussion aus
Überraschende Entscheidung: EU-Behörde lehnt Empfehlung von Alzheimer-Medikament ab

Überraschende Entscheidung: EU-Behörde lehnt Empfehlung von Alzheimer-Medikament ab

Am 26. Juli 2024 gab die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) eine überraschende Entscheidung bekannt, die im Bereich der Alzheimer-Forschung und -Behandlung für Aufregung sorgt. Die Behörde hat sich gegen die Empfehlung des Alzheimer-Wirkstoffs Lecanemab ausgesprochen, der auch unter dem Handelsnamen Leqembi bekannt ist. Dies wäre die erste Therapie gewesen, die als ursächliche Behandlung für Alzheimer in der Europäischen Union zugelassen worden wäre.

Hintergrund der Entscheidung

Die EMA begründete ihre Entscheidung damit, dass das Risiko schwerer Nebenwirkungen des Antikörpers Lecanemab als höher eingeschätzt wird als die potenziellen positiven Wirkungen. Insbesondere wies die Behörde auf mögliche Wassereinlagerungen im Gehirn sowie Blutungen hin, die bei Patienten auftreten können, die mit dem Medikament behandelt werden.

Reaktionen aus der Fachwelt

Die Reaktionen auf die Entscheidung der EMA waren gemischt. Der Neurologe Wenzel Glanz, der als leitender Arzt der Gedächtnissprechstunde an der Uniklinik Magdeburg tätig ist, äußerte sich überrascht über die Entscheidung und verwies darauf, dass sich die Fachwelt bereits auf die Einführung von Infusionstherapien eingestellt hatte. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) kritisierte die Entscheidung scharf und warnte vor der Gefahr einer Zweiklassenmedizin, bei der sich nur wohlhabende Patienten das Medikament über internationale Apotheken beschaffen können.

Wirksamkeit von Lecanemab

Lecanemab ist seit Anfang 2023 in den USA erhältlich und wird dort zur Behandlung von Alzheimer im Frühstadium eingesetzt. Studien haben gezeigt, dass die Therapie den Krankheitsverlauf bei Patienten in diesem Stadium um etwa 30 Prozent verlangsamen kann. Allerdings bessert das Medikament nicht die Symptome der Krankheit. Experten schätzen, dass nur ein sehr begrenzter Personenkreis, weniger als zehn Prozent der Alzheimer-Patienten, von der Behandlung profitieren könnte. In Deutschland sind schätzungsweise etwa eine Million Menschen von Alzheimer betroffen.

Nebenwirkungen und Monitoring

Zu den möglichen Nebenwirkungen von Lecanemab zählen Mikroblutungen sowie Ödeme im Gehirn. Diese Risiken erfordern eine regelmäßige Überwachung der Patienten, üblicherweise durch Kernspinuntersuchungen (MRT). Der zuständige Ausschuss der EMA hat entschieden, dass die beobachtete Wirkung des Medikaments beim Abbremsen des kognitiven Verfalls die Risiken schwerwiegender Nebenwirkungen nicht aufwiegt. Laut Dr. Glanz leiden etwa 30 Prozent der behandelten Patienten unter den genannten Nebenwirkungen, was ein konstantes Monitoring zur Folge hat.

Ausblick und mögliche erneute Prüfungen

Die EMA-Empfehlung ist Voraussetzung für die Zulassung von Medikamenten innerhalb der EU. Das Unternehmen Eisai, das den Antrag auf Zulassung gestellt hatte, kann nun innerhalb von 15 Tagen eine erneute Prüfung der Entscheidung beantragen. Dies könnte möglicherweise zu einer Neubewertung der Risiken und Vorteile von Lecanemab führen, wobei die Erwartungen der Fachwelt weiterhin hoch sind.

Fazit

Die Entscheidung der EMA hat nicht nur Auswirkungen auf die Alzheimer-Behandlung in Europa, sondern wirft auch grundlegende Fragen zu den Bewertungsprozessen für neue Medikamente auf. Die Diskussion über die Zukunft der Alzheimer-Therapien wird sicherlich weitergehen, während Patienten und Fachleute auf neue Informationen und Entwicklungen hoffen.

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