Millionen Facebook-Nutzer, deren Daten im Frühjahr 2021 durch Scraping entwendet und im Internet veröffentlicht wurden, können Schadenersatz geltend machen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 09.12.2024 berichtete, hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Musterfeststellungsklage gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta eingereicht. Ziel dieser Klage ist es, die Voraussetzungen und die Höhe der Schadenersatzansprüche zu klären. Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa sechs Millionen Menschen betroffen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im November in einem Grundsatzurteil entschieden, dass bereits der vorübergehende Verlust der Kontrolle über die eigenen Daten einen Schaden darstellt und somit einen Anspruch auf immateriellen Schadenersatz begründet. Als angemessene Entschädigung nannte der BGH rund 100 Euro. Die FAZ berichtet weiter, dass sich Betroffene voraussichtlich ab Anfang 2025 der Sammelklage anschließen können, sobald das Bundesamt für Justiz das Klageregister eröffnet. Die Einreichung der Musterfeststellungsklage verhindert die Verjährung möglicher Ansprüche zum Jahreswechsel.
Bei dem Scraping-Vorfall in den Jahren 2018 und 2019 nutzten Unbekannte eine Sicherheitslücke in der Suchfunktion von Facebook aus. Durch die Eingabe von Telefonnummern konnten Nutzer identifiziert und deren Daten abgegriffen werden. Wie die HNA am 07.12.2024 berichtete, generierten die Täter millionenfach zufällige Telefonnummern und griffen über automatisierte Anfragen Nutzerdaten ab. Diese Methode ist mittlerweile nicht mehr möglich. Die im April 2021 im Internet verbreiteten gestohlenen Daten umfassten unter anderem Namen, Telefonnummern, Wohnorte und in einigen Fällen sogar Arbeitgeber. Diese Daten konnten für Spam-Nachrichten, Phishing-SMS oder Identitätsdiebstahl missbraucht werden.
HNA und Frankfurter Rundschau (FR) berichteten am 07.12.2024, dass das Legal-Tech-Unternehmen Helpcheck Betroffenen anbietet, sich einer Sammelklage anzuschließen. Helpcheck-Geschäftsführer Frank Breitschwerdt erklärte, man werde Facebook zunächst außergerichtlich zur Zahlung auffordern. Sollte der Konzern nicht zahlen, werde man am 30.12.2024 Klage einreichen. Laut Breitschwerdt könnten sich Betroffene auch individuell an Gerichte wenden. Helpcheck rechne jedoch mit höheren Erfolgsaussichten bei einer gebündelten Vorgehensweise. Im Erfolgsfall behält das Unternehmen eine Provision von 50 Prozent ein und übernimmt die Prozesskosten.
Nach dem BGH-Urteil zeigte sich der Meta-Konzern laut einem Bericht von Legal Tribune Online (LTO) vom 18.11.2024 wenig einsichtig. Meta-Anwalt Martin Mekat erklärte gegenüber der Tagesschau, die Entscheidung des BGH sei nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar. FR und HNA berichten weiter, dass es trotz der drohenden Verjährung zum Jahresende noch Monate oder sogar länger dauern könnte, bis die Betroffenen ihr Geld erhalten, sollte Meta sich weiterhin gegen die Zahlung wehren. Breitschwerdt zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass Meta nach der Verjährung einen Vergleich anstreben werde, wodurch die Geschädigten bereits nach etwa drei Monaten entschädigt werden könnten.
Der BGH betonte, dass der Schadenersatz von 100 Euro nur für den reinen Kontrollverlust gelte. Wie Helpcheck-Chef Breitschwerdt laut FR und HNA erklärte, können Betroffene, die über den Kontrollverlust hinausgehende Schäden nachweisen, wie beispielsweise Belästigung durch Spam-Nachrichten oder Ängste vor Datenmissbrauch, einen höheren Schadenersatz verlangen. Diese weitergehenden Schäden müssten jedoch im Einzelfall nachgewiesen werden, wobei Richter die Betroffenen persönlich anhören oder Gutachten einholen könnten.