Die Regierungsbildung in Thüringen gestaltet sich weiterhin kompliziert. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und die Zeit berichten, macht die Linke ihre Unterstützung für den CDU-Kandidaten Mario Voigt von Bedingungen abhängig. Die Fraktion unter der Führung von Christian Schaft verlangt eine schriftliche Vereinbarung zwischen CDU, BSW, SPD und der Linken, die die künftige Zusammenarbeit regelt. Diese Vereinbarung soll als eine Art Leitfaden für den politischen Umgang miteinander dienen und sicherstellen, dass Mehrheiten im Landtag ohne die AfD gebildet werden. Ähnlich äußerte sich auch der geschäftsführende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). "Ohne Vereinbarung gibt es keine Stimmen von uns für Mario Voigt", zitiert die dpa Schaft.
Die sogenannte Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD verfügt im Thüringer Landtag nicht über eine eigene Mehrheit. Für die Regierungsbildung fehlt mindestens eine Stimme. Am Dienstag wollen sich die vier Fraktionen erneut treffen, um über eine mögliche Vereinbarung zu beraten. Die CDU hatte eine solche Vereinbarung bisher abgelehnt. Wie der MDR berichtet, gab es bereits Gespräche zwischen CDU, BSW, SPD und der Linken über mögliche Mehrheitsbildungen im Landtag. Dabei seien Themen wie der Landeshaushalt 2025, Beitragsfreiheit in der Bildung und die Zukunft der Krankenhäuser besprochen worden, so Schaft gegenüber dem MDR. Konkrete Ergebnisse wurden jedoch nicht erzielt.
Hintergrund der Forderung der Linken ist die Sorge, dass Voigt in den ersten beiden Wahlgängen mit Stimmen der AfD gewählt werden könnte. Im dritten Wahlgang ist lediglich eine relative Mehrheit erforderlich, die die Brombeer-Koalition selbst erreichen könnte. Die Koalition verfügt über 44 Stimmen, die AfD als stärkste Fraktion über 32 und die Linke über 12. Mit der Forderung nach einer schriftlichen Vereinbarung will die Linke "das gegenseitige Erpressungspotenzial der AfD ausschalten", so die Linke-Vorsitzende Ulrike Grosse-Rötig laut dpa. Die Partei hat außerdem einen Katalog mit ihren politischen Schwerpunkten vorgelegt, über die sie verhandeln möchte. Dazu gehört unter anderem ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr. Diese Forderungen seien jedoch nicht an die Wahl des Ministerpräsidenten gekoppelt, betonten Grosse-Röthig und Schaft. Wie die Thüringer Allgemeine berichtet, hatte Voigt den Linke-Fraktionschef Schaft zu einem Gespräch eingeladen, um die parlamentarische Zusammenarbeit im Rahmen einer möglichen Brombeer-Koalition zu erörtern.
Wie das RND berichtet, hat das BSW dem Koalitionsvertrag der Brombeer-Koalition zugestimmt. Das Problem der fehlenden Mehrheit im Landtag besteht jedoch weiterhin. Die SPD muss dem Koalitionsvertrag noch zustimmen. Es gibt zudem Bedenken, dass die AfD bei der Wahl des Ministerpräsidenten eine entscheidende Rolle spielen könnte. Die Linke könnte die fehlende Stimme für Voigt liefern, verlangt aber im Gegenzug eine schriftliche Vereinbarung mit der Brombeer-Koalition über die zukünftige Mehrheitsfindung im Landtag, wie der Stern berichtet. Die CDU lehnt dies bisher ab.
In der vergangenen Legislaturperiode hatte die rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter Bodo Ramelow für ein Jahr einen Stabilitätspakt mit der CDU geschlossen, um Mehrheiten im Landtag zu sichern, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Die aktuelle Situation erinnert an das Jahr 2020, als der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde und kurz darauf zurücktrat. Wie Bild berichtet, will die CDU Mehrheiten durch sogenannte Konsultationsverfahren sichern, bei denen alle Fraktionen in Regierungsvorhaben einbezogen werden sollen. Der Linken scheint dies nicht auszureichen.