28.10.2024
Fehlzeiten In Deutschland Eine Analyse Der Ursachen Und Lösungsansätze

Mehr Fehltage: Warum die Deutschen häufiger an der Arbeit fehlen

Die Deutschen und die Arbeit – ein Thema, das immer wieder für Diskussionen sorgt. In letzter Zeit häufen sich die Schlagzeilen über steigende Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Doch woran liegt es, dass die Deutschen häufiger krankgeschrieben sind? Sind es tatsächlich körperliche Beschwerden oder spielen auch andere Faktoren eine Rolle?

Tatsächlich ist ein Blick auf die Statistiken zunächst alarmierend: Die Fehlzeiten am Arbeitsplatz sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Wie die Techniker Krankenkasse (TKK) berichtet, fehlte im Jahr 2023 jede versicherte Person durchschnittlich 19,4 Tage aufgrund von Krankheit. Dieser Wert liegt deutlich über den Zahlen der Vorjahre und stellt Arbeitgeber vor neue Herausforderungen.

Die Suche nach den Ursachen

Um den Gründen für diesen Anstieg auf den Grund zu gehen, haben Forscher des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) verschiedene potenzielle Einflussfaktoren untersucht. Interessanterweise spielt die häufig diskutierte telefonische Krankschreibung dabei keine entscheidende Rolle. So betont ZEW-Autor Nicolas Ziebarth: „Für mich ist das Populismus. Der starke Anstieg seit 2022 geht auf eine verbesserte Datenbasis zurück und eben nicht auf die telefonische Krankschreibung.“

Tatsächlich wurde die Art und Weise, wie Arbeitsunfähigkeitsdaten erfasst werden, im Jahr 2022 grundlegend verändert. Seitdem ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) für Ärzte verpflichtend. Zuvor wurden Fehlzeiten nur dann von den Krankenkassen erfasst, wenn Versicherte ihre Krankschreibung aktiv einreichten. Diese lückenhafte Datenlage verzerrte den Vergleich mit den aktuellen Zahlen, so die Forscher des ZEW.

Pandemie und ihre Folgen

Neben der verbesserten Datenlage spielt auch die Corona-Pandemie eine Rolle bei der Entwicklung der Fehlzeiten. Zum einen führten die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen zu einem Nachholeffekt bei anderen Infektionskrankheiten. Zum anderen hat sich das Gesundheitsbewusstsein vieler Menschen durch die Pandemie verändert. So gehen viele Arbeitnehmer bereits bei leichten Erkältungssymptomen zum Arzt und bleiben vorsichtshalber zu Hause, um eine Ansteckung von Kollegen zu vermeiden.

Diese Entwicklung ist aus Sicht des Infektionsschutzes zwar begrüßenswert, stellt Arbeitgeber jedoch vor neue Herausforderungen. Denn jeder Fehltag bedeutet für Unternehmen finanzielle Einbußen und zusätzlichen Organisationsaufwand.

Psychische Belastungen nehmen zu

Doch nicht nur körperliche Erkrankungen sind für den Anstieg der Fehlzeiten verantwortlich. Auch psychische Belastungen spielen eine immer größere Rolle. Wie die DAK-Gesundheit berichtet, sind Depressionen, Angststörungen und Anpassungsstörungen häufigere Gründe für Krankschreibungen geworden. Im ersten Halbjahr 2024 führten diese Erkrankungen zu 182 Fehltagen je 100 Beschäftigten – ein Anstieg von 14,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Neben den Belastungen durch die Corona-Pandemie spielen auch Faktoren wie der zunehmende Leistungsdruck am Arbeitsplatz, die Digitalisierung und die ständige Erreichbarkeit eine Rolle.

Lösungsansätze für die Zukunft

Die steigenden Fehlzeiten am Arbeitsplatz sind eine Herausforderung für Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sind verschiedene Maßnahmen denkbar. So könnten Unternehmen beispielsweise verstärkt in betriebliche Gesundheitsförderung investieren und Maßnahmen zur Stressprävention anbieten. Auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle und die Förderung von Homeoffice-Möglichkeiten können dazu beitragen, die Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten zu verbessern.

Darüber hinaus ist es wichtig, das Bewusstsein für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu stärken und niedrigschwellige Hilfsangebote für Betroffene zu schaffen. Denn nur wenn es gelingt, die Ursachen für Fehlzeiten frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen, kann der negative Trend gestoppt werden.

Quellen:

  • https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/warum-die-deutschen-haeufiger-an-der-arbeit-fehlen-110075293.html
  • https://de.statista.com/infografik/16820/darum-fehlen-deutsche-arbeitnehmer/
  • https://www.iwd.de/artikel/krankenstand-in-deutschland-498654/
  • https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wegen-psychischer-erkrankungen-beschaftigte-fehlen-immer-ofter--krankenstand-auf-rekordniveau-12046928.html
  • https://www.cmshs-bloggt.de/arbeitsrecht/krankenstand-auf-rekordhoch-was-arbeitgeber-tun-koennen/
  • https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2019/heft/6/beitrag/praesentismus-und-absentismus-von-arbeitnehmern-zwei-seiten-derselben-medaille.html
  • https://www.zeit.de/arbeit/2024-07/arbeit-psychische-erkrankung-fehltage-depression-dak
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