Der Tod des islamischen Predigers Fethullah Gülen im Alter von 83 Jahren markiert das Ende einer Ära in der türkischen Politik. Gülen, der seit 1999 im selbstgewählten Exil in den USA lebte, war einst ein enger Verbündeter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seiner konservativen Partei AKP. Doch aus dieser Partnerschaft entwickelte sich im Laufe der Jahre eine erbitterte Feindschaft, die die Türkei bis heute prägt.
Fethullah Gülen wurde 1941 in einem Dorf in der osttürkischen Provinz Erzurum geboren. Schon früh widmete er sich religiösen Studien und begann im Alter von 14 Jahren selbst zu predigen. Seine Predigten, die einen traditionellen Islam mit modernen Elementen verbanden, fanden großen Anklang und Gülen erlangte schnell Bekanntheit in der Türkei. In den 1960er Jahren gründete er die sogenannte „Hizmet-Bewegung“ (Dienst-Bewegung), die sich der Verbreitung eines gemäßigten Islams und der Förderung von Bildung, Wissenschaft und interreligiösem Dialog verschrieb.
Die Gülen-Bewegung breitete sich in den folgenden Jahrzehnten rasant aus und gewann Anhänger in der Türkei und im Ausland. Sie gründete Schulen, Universitäten, Medienunternehmen und andere Einrichtungen, die Gülens Lehren verbreiteten. In der Türkei stiegen Gülen-Anhänger in Schlüsselpositionen auf, insbesondere im Bildungswesen, in der Justiz und in den Sicherheitskräften.
Der Bruch zwischen Gülen und Erdoğan erfolgte im Jahr 2013, als Staatsanwälte, die der Gülen-Bewegung nahestanden, Korruptionsermittlungen gegen Politiker und Geschäftsleute aus Erdogans Umfeld einleiteten. Erdoğan warf Gülen daraufhin vor, einen Putsch gegen seine Regierung zu planen. Die türkische Regierung stufte die Gülen-Bewegung als Terrororganisation ein und ging massiv gegen ihre Anhänger vor. Tausende Menschen wurden verhaftet, entlassen oder mussten ins Exil fliehen.
Im Juli 2016 erschütterte ein Putschversuch die Türkei. Teile des Militärs versuchten, die Macht an sich zu reißen. Der Putsch scheiterte jedoch und Erdoğan machte umgehend die Gülen-Bewegung für den Umsturzversuch verantwortlich. Gülen selbst bestritt jegliche Beteiligung an dem Putschversuch, doch die türkische Regierung forderte seine Auslieferung aus den USA. Die USA lehnten eine Auslieferung jedoch ab, da die Türkei keine ausreichenden Beweise für Gülens Beteiligung am Putschversuch vorlegen konnte.
Der Tod Fethullah Gülens wirft viele Fragen über die Zukunft der Türkei und der Gülen-Bewegung auf. Die türkische Regierung hat angekündigt, die Gülen-Bewegung auch nach dem Tod ihres Anführers weiter zu bekämpfen. Es bleibt abzuwarten, ob Gülens Tod zu einer Entspannung der politischen Lage in der Türkei führen wird oder ob die Gräben zwischen der Regierung und der Gülen-Bewegung weiter vertieft werden.
Die Gülen-Bewegung selbst steht nun vor der Herausforderung, sich ohne ihren charismatischen Anführer neu zu orientieren. Es ist unklar, ob die Bewegung ihre Aktivitäten in der Türkei und im Ausland in gleichem Umfang fortsetzen kann oder ob sie an Bedeutung verlieren wird.
Der Tod Fethullah Gülens ist ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte der Türkei. Er markiert das Ende einer Ära, die von der engen Verflechtung von Religion und Politik geprägt war. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen Gülens Tod auf die politische und gesellschaftliche Entwicklung der Türkei haben wird.
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