19.10.2024
Gerichtsurteil stärkt Genehmigung für Rückbau des AKW Biblis

Abgeschalteter Atommeiler: Gericht weist Klage zu Biblis-Schutt ab

Im Rechtsstreit um den Schutt des stillgelegten Atomkraftwerks Biblis hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel eine Klage von Umweltschützern abgewiesen. Der Landesverband Hessen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte gegen die Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für Block A des Kraftwerks geklagt. Diese Genehmigung war 2017 vom hessischen Umweltministerium erteilt worden, nachdem Block A im Jahr 2011, nach dem nuklearen Unfall in Fukushima, vom Betreiber RWE Power AG stillgelegt wurde.

Der VGH entschied, dass die Genehmigung rechtmäßig sei. Die Umweltschützer hatten argumentiert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Der 6. Senat des VGH stellte jedoch fest, dass die Prüfung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe. Auch die Bedenken hinsichtlich belasteter Reststoffe wurden vom Gericht zurückgewiesen. Diese Freigabe erfolge in separaten behördlichen Verfahren mit eigenen Bescheiden, was die Bedenken der Umweltschützer nicht stütze.

In der Urteilsbegründung wurde betont, dass es „keine durchgreifenden Zweifel“ an der Verfassungsmäßigkeit des Freigabeverfahrens nach der Strahlenschutzverordnung gebe. Das Verfahren basiere auf einem international anerkannten Konzept, das den Anforderungen an den Gesundheitsschutz entspreche. Der VGH hat zudem die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, was bedeutet, dass die Entscheidung noch nicht endgültig ist und eine weitere rechtliche Überprüfung möglich ist.

Die Klage des BUND war Teil eines längeren Konflikts über den Rückbau des AKW Biblis. Die Umweltschutzorganisation hatte ursprünglich die Abrissgenehmigung begrüßt, äußerte jedoch später Bedenken, dass der Schutz der Anwohner nicht ausreichend gewährleistet sei. Insbesondere befürchteten die Umweltschützer, dass radioaktive Stoffe aus dem Rückbau in die Umwelt gelangen könnten. Der geplante Transfer von 3200 Tonnen schwach radioaktivem Schutt auf eine Mülldeponie in Büttelborn wurde als potenzielles Risiko angesehen.

Der BUND kritisierte das sogenannte „10-Mikrosievert-Konzept“, das besagt, dass radioaktive Stoffe freigesetzt werden dürfen, solange die jährliche Strahlenbelastung für Einzelpersonen 10 Mikrosievert nicht überschreitet. Die Organisation bezeichnete dieses Konzept als intransparent und forderte eine Überprüfung der Berechnungen zur Strahlenbelastung, da sie diese für unzuverlässig hielt.

Der VGH hat mit seinem Urteil jedoch die Position des hessischen Umweltministeriums gestärkt, das die Genehmigung für den Rückbau des AKW als rechtmäßig erachtet. Der Streit um den Schutt des AKW Biblis ist Teil einer breiteren Debatte über den Umgang mit radioaktivem Abfall und die Sicherheit von Rückbauprozessen in Deutschland.

Die Entscheidung des VGH könnte weitreichende Folgen für ähnliche Verfahren in Deutschland haben, da sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Rückbau stillgelegter Atomkraftwerke und die Entsorgung von radioaktivem Material betrifft. Es bleibt abzuwarten, ob der BUND von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht anzufechten und welche Argumente dabei vorgebracht werden.

Insgesamt zeigt der Fall um den AKW-Rückbau in Biblis, wie komplex und umstritten die Themen Atomkraft und Umweltschutz in Deutschland sind. Die rechtlichen Auseinandersetzungen spiegeln die unterschiedlichen Ansichten über den Umgang mit der Vergangenheit der Atomkraft und die Verantwortung für zukünftige Generationen wider.

Die Entscheidung des VGH ist ein weiterer Schritt in einem langwierigen Prozess, der sowohl rechtliche als auch gesellschaftliche Dimensionen umfasst. Die Diskussion über den Rückbau von Atomkraftwerken und die Entsorgung von radioaktivem Abfall wird sicherlich auch in Zukunft ein zentrales Thema in der deutschen Umweltpolitik bleiben.

Quellen: Zeit Online, Süddeutsche Zeitung, HIT RADIO FFH, Gießener Anzeiger.

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