19.10.2024
Helmut Schlesinger: Wegbereiter der Geldwertstabilität

Helmut Schlesinger: Der Hüter der Stabilitätskultur

Am 4. September 2024 feierte Helmut Schlesinger, der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank, seinen 100. Geburtstag. Dies ist ein bemerkenswerter Anlass, da es in Deutschland bisher noch keinen anderen Bundesbankpräsidenten gegeben hat, der dieses Alter erreicht hat. Zu diesem besonderen Anlass wurde Schlesinger von seinem Nachfolger, Joachim Nagel, geehrt, der ihm den Titel „Hüter der Stabilitätskultur“ verlieh. Nagel betonte, dass Schlesinger zu den einflussreichsten Bundesbankern zählt, die es je gab.

Frühes Leben und Bildung

Helmut Schlesinger wurde 1924 in Penzberg, Oberbayern, geboren. Während des Zweiten Weltkriegs diente er als Soldat bei den Gebirgsjägern und schloss den Krieg als Leutnant der Reserve ab. Nach dem Krieg begann er 1946 ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität München, das er 1948 mit dem Diplom als Volkswirt abschloss. Im Anschluss daran war er als Referent am Münchner Ifo-Institut tätig. 1951 promovierte er mit einer Dissertation zur Wirtschaftlichkeitskontrolle in der öffentlichen Verwaltung.

Kariere in der Bundesbank

In den 1950er und 1960er Jahren, einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland, begann Schlesinger seine Karriere in der Notenbank. Zunächst arbeitete er bei der Bank deutscher Länder, der Vorgängerinstitution der Bundesbank, bevor er in die Bundesbank selbst eintrat. Dort stieg er bis zur Leitung der volkswirtschaftlichen Abteilung auf. In dieser Zeit war die Bundesbank maßgeblich daran beteiligt, die D-Mark stabil zu halten und den Geld- und Kreditsektor von einer Phase der Bewirtschaftung und Währungsreform bis hin zur Öffnung und Liberalisierung zu führen.

Präsidentschaft der Bundesbank

Schlesinger wurde 1972 in das Direktorium der Bundesbank berufen und übernahm 1980 das Amt des Vizepräsidenten. Am 1. August 1991 trat er die Präsidentschaft der Bundesbank an, nachdem Karl Otto Pöhl zurückgetreten war. Seine Amtszeit war von vornherein auf 26 Monate begrenzt, was auf sein fortgeschrittenes Alter zurückzuführen war. 1993 wurde er von Hans Tietmeyer abgelöst.

Der „stabilitätspolitische Gewissen“

Schlesinger wird oft als das „stabilitätspolitische Gewissen“ der Bundesbank beschrieben. Er war bekannt für seine akribische Analyse von Inflationsgefahren und seine Fähigkeit, monetäre Statistiken zu interpretieren. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung galt er als ein Mann, der stets bemüht war, die Geldwertstabilität zu wahren. Der ehemalige amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan würdigte Schlesinger und dessen Beitrag zur internationalen Anerkennung der Geldpolitik.

Einfluss auf die Geldpolitik

In seiner Zeit als Bundesbankpräsident war Schlesinger mit vielen Herausforderungen konfrontiert, darunter die Wechselkursfragen, die damals von großer Bedeutung waren. Unter seiner Leitung führte die Bundesbank als erste Notenbank eine Geldmengensteuerung ein und trug dazu bei, die monetaristische Theorie in eine geldpolitische Strategie zu übersetzen. Schlesinger war bekannt dafür, als „harter Hund“ zu gelten, der geradlinig argumentierte, aber stets differenziert und analytisch vorging.

Nachhaltiger Einfluss

Schlesingers Einfluss auf die Geldpolitik und die Stabilität der D-Mark ist bis heute spürbar. Er betonte stets, dass eine stabilitätsorientierte Geldpolitik nicht nur von der Regierung und der Notenbank abhängt, sondern auch von einem entsprechenden Verhalten der Wirtschaft, der Tarifpartner und der Konsumenten. Diese Einsicht wird als Grundlage für eine nachhaltige Stabilitätskultur angesehen, die er nicht nur innerhalb der Bundesbank, sondern auch in der gesamten deutschen Gesellschaft prägte.

Aktuelle Würdigungen

Zum 100. Geburtstag von Helmut Schlesinger äußerten viele Persönlichkeiten ihre Anerkennung für seine Lebensleistung und seinen Beitrag zur Stabilität der deutschen Währung. Joachim Nagel, der aktuelle Bundesbankpräsident, hob hervor, dass Schlesingers Denken und Haltungen bis heute in der Stabilitätskultur der Bundesbank fortwirken. Schlesinger selbst lebt heute in Oberursel im Taunus, und seine Tochter betonte, dass sein Geburtsort Penzberg nach wie vor einen besonderen Platz in seinem Herzen hat.

Fazit

Helmut Schlesinger hat durch seine langjährige Tätigkeit und sein Engagement für die Geldwertstabilität einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sein 100. Geburtstag ist nicht nur ein persönlicher Meilenstein, sondern auch ein Anlass, um an die bedeutende Rolle zu erinnern, die er in der Geschichte der Deutschen Bundesbank und der deutschen Wirtschaft gespielt hat.

Quellen: F.A.Z., Börsen-Zeitung.

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