September 28, 2024
Höckes Zukunft im politischen Spiel zwischen Thüringen und Berlin

Am vergangenen Wochenende wurde Björn Höcke von der F.A.Z. auf einer Wahlparty gefragt, wo künftig sein Platz sein werde, in Erfurt oder in Berlin. Höcke schwieg kurz, bevor er eine Antwort gab. Dann sagte er: „Ich hab gesagt, dass wir uns nach den Landtagswahlen zusammensetzen.“ Und: „Ich denke, in den nächsten Wochen wird sich das entscheiden, wie es weitergeht in Thüringen, mit mir und mit anderen Mitstreitern.“ As reported by Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Höcke überlegt also, mal wieder. Das könnte die alte Leier sein. Er hat in der Vergangenheit schon öfter mit dem Gedanken kokettiert, in den Bundestag oder den Bundesvorstand zu wechseln. Jedes Mal gab es eine große Aufregung. Die einen fürchteten, der Extremist werde die Bundespartei radikalisieren, die anderen, die Höcke-Fans, sorgten sich, er werde den Thüringer Landesverband alleinlassen. Und jedes Mal sagte Höcke am Ende, er bleibe, wo er sei.

Es wäre kein Aufstieg für Höcke

Diesmal ist etwas anders. In der Führung der Thüringer AfD reden sie untereinander von einem Generationenwechsel, der anstehe. Sie berichten, wie erschöpft Höcke ist, wie unglücklich in Thüringen, wie intellektuell unterfordert er sich fühlt, wie sehr er eine Pause braucht, wie seine Ideen nachlassen, seine Energie, sein Wille. Sie berichten, wie Nachfolger gesucht werden für den Landesvorsitz, nennen Namen von Kandidaten, erklären Zeitpläne, wann der Parteitag, wann die Fraktion damit befasst werden könnten, stellen Forderungen, was Höcke im Bundestag zustünde, ein wichtiger Sprecherposten, der stellvertretende Fraktionsvorsitz.

Normalerweise ist es in der Politik ein Aufstieg, nach Berlin zu gehen. Jemand beweist sich als Landespolitiker, holt ein historisch gutes Wahlergebnis und geht dann in den Bundestag, wo ihn Höheres erwartet. Bei Höcke liegt diese Interpretation besonders nahe, weil ihn so viele als kommenden Mann sehen, als einen, der jedes Jahr mächtiger wird und erst seine Partei und dann das Land unterjochen will.

In der AfD wird ein Wechsel Höckes nach Berlin ganz anders bewertet. Selbst seine Mitstreiter aus Thüringen trauen ihm keine große bundespolitische Karriere zu, weder in der Fraktion noch in der Partei. Höckes Wechsel wird als Möglichkeit beschrieben auszuruhen. Würde es um Macht gehen, müsste er in Thüringen bleiben, sagen sie. Wer weiß, vielleicht könnte er dort Ministerpräsident werden in fünf Jahren. Im Bundestag könnte er nur reden, nicht bestimmen. Einer sagt: „Wie ein Elder Statesman.“

Höckes Wechsel wäre also kein Aufstieg, sondern ein Abstieg. So etwas wie ein politischer Vorruhestand. Eine Anschlussverwendung. Höcke, der Mann, der wie kein anderer für die Radikalisierung der AfD steht, vor dem Verfassungsschützer warnen und dem Rechtsradikale zujubeln, würde Berlin nicht erobern, sondern sich dorthin zurückziehen.

Die F.A.S. hat vertrauliche Gespräche mit AfD-Politikern geführt, um zu erfahren, warum Höcke das erwägt. Ob er gedrängt wird, warum er nicht in Thüringen bleibt und was ihn im Bundestag erwartet. Höcke selbst war nicht zu ei­nem weiteren Gespräch bereit. Andere schon.

Höcke hat Selbstmitleid

Die Erzählungen gleichen sich. Höcke macht auf Parteifreunde einen zermürbten Eindruck. Von einem „auf Verschleiß“ angelegten Lebensstil ist die Rede. Wenn Höcke in der Öffentlichkeit mit Hitler verglichen oder von einem Gericht verurteilt wird, weil er eine SA-Parole benutzt hat, dann hat das jedes Mal eine große Wirkung auf ihn. Das versichern viele, die ihn kennen. Höcke hat offenbar Selbstmitleid. Es heißt, er verstehe nicht, warum er in der Öffentlichkeit dämonisiert werde. Er fühle sich missverstanden, sei melancholisch und grübele viel.

Gemeint ist nicht, dass Höcke im klinischen Sinne depressiv ist. Sondern, dass er sich frage, ob er weiter so leben wolle, immer unter Polizeischutz, von vielen Menschen gehasst. Einer, der ihm wohlgesinnt ist, sagt, Höcke sei verbraucht, wirke nervös, gealtert, habe graue Haare bekommen: „Er braucht wenigstens mal ein halbes Jahr Ruhe.“ Ein Wort fällt mehrfach, wenn Höcke von Weggefährten beschrieben wird: Schwermut.

Eine Intrige ist dabei nicht im Spiel. Höcke ist in Thüringen unangefochten, das beteuern alle Gesprächspartner. Niemand könnte ihn stürzen, und deshalb sagt auch niemand, dass er es will. Es gibt aber auch nicht viele, die ihn anflehen zu bleiben. Der Landesverband braucht Höcke nicht. Er gilt als schwacher Anführer, als jemand, der sich wenig um Organi­sationsfragen kümmert und lieber über metapolitische Fragen schwadroniert. Als einer, der eigentlich zu weich ist, um Zucht und Ordnung in den extremistischen Landesverband zu bringen.

In der Partei wird deshalb nicht erwartet, dass etwas fehlt, wenn Höcke weg ist. Reden auf Marktplätzen halten könnte er auch als Bundestagsabgeordneter. Und Wähler hat die AfD in Thüringen viele, manche wegen, andere trotz Höcke. Das hält sich nach Meinung von AfD-Politikern die Waage. Vielleicht gewinnt die Partei ohne ihn sogar hinzu. Über Höcke heißt es, er sehe sich selbst als Belastung für den Landesverband. Wenn der Verfassungsschutz die AfD bewertet, wenn gar über ein Parteiverbot geredet wird, fällt sein Name als erster – und fast einziger.

Es ist keine Palastrevolte

Den Landesverband organisieren heute schon andere, der Ko-Vorsitzende Stefan Möller, zum Beispiel, oder der Stellvertreter Torben Braga. Wenn es im Landtag einen Eklat gibt, wie am Donnerstag rund um die Wahl des Landtagspräsidenten, sind sie die Strategen im Hintergrund. Dass Höckes möglicher Weggang keine Palastrevolte ist, zeigt sich an Möller. Der könnte Landesvorsitzender bleiben, wenn er wollte. Über ihn heißt es aber, dass er ebenfalls überlegt, in den Bundestag zu wechseln. Höcke wird also nicht weggeschoben, wenn er geht, dann nur, weil er es will. Einer, der ihn gut kennt, sagt, die Wahrscheinlichkeit dafür sei „sehr hoch“.

Im Bundestag wäre Höcke kein König mehr, sondern einer unter vielen. Erinnert wird an das Schicksal von Beatrix von Storch. Sie ist wie Höcke einer der großen Namen der AfD, war früh im Bundesvorstand und ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Sie hat aber Pro­bleme, in wichtige Ausschüsse zu kommen, momentan ist sie im Ausschuss für Digitales geparkt. Auf Höcke wartet auch niemand, die Posten sind besetzt. „Hier in Berlin müsste er sich mit anderen messen, die auch nicht schlecht sind“, sagt einer aus der AfD-Fraktion. „Ein Bundestag ist nicht vergleichbar mit Parteiveranstaltungen und Reden auf dem Marktplatz. Das ist viel trockene Arbeit, die man auch von ihm erwarten würde.“

Den Fraktionsvorsitz im Bundestag traut Höcke niemand zu. Nicht einmal, dass er eine Kampfkandidatur wagen würde. Ein Stellvertreterposten gilt eher als möglich, wie bei Beatrix von Storch. Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden sind keine Prominenten, manche haben nur den Titel, aber kein Aufgabenfeld. Aktuell sind das neben Storch noch Sebastian Münzenmaier, Jörn König und Stefan Keuter. „Das ist nicht so schwer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender zu werden“, sagt einer.

Wofür Höcke schon immer gesorgt hat, egal, wo er war, ist Unruhe. Bekommt er gar keinen Posten, gibt es genug Höcke-Anhänger, die protestieren. Bekommt er zu viel, rebellieren Gemäßigte. Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla wären also gezwungen, ihn einzubinden, nicht zu wenig, nicht zu viel.

In der Bundestagsfraktion Source URL for above info: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-endet-bjoern-hoeckes-karriere-als-machtpolitiker-110013695.html

Björn Höcke hat sich „aus gesundheitlichen Gründen“ aus dem Wahlkampf in Thüringen zurückgezogen. Das teilte sein Sprecher mit. Der AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke zieht sich vorläufig aus dem Wahlkampf um den thüringischen Landtag zurück. Dafür gebe es „gesundheitliche Gründe“, sagte ein Sprecher. Höcke hätte am heutigen Mittwoch um 17 Uhr bei der letzten Diskussionsrunde aller sieben Spitzenkandidaten teilnehmen sollen, die „Antenne Thüringen“ und „ntv“ übertragen. Source URL for above info: https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_100477394/afd-bjoern-hoecke-zieht-sich-vorlaeufig-aus-wahlkampf-in-thueringen-zurueck.html

Erst gestern hatte er aus "gesundheitlichen Gründen" einen TV-Auftritt abgesagt. Heute will Thüringens AfD-Spitzenkandidat Höcke aber wieder einen Wahlkampfauftritt wahrnehmen. Source URL for above info: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/hoecke-afd-thueringen-termin-wahlkampf-absage-100.html

Am rechtsextremen Thüringer AfD-Chef Björn Höcke scheiden sich selbst in seiner eigenen Partei die Geister. Das Leben des aus Hessen stammenden Lehrers ist reich an skurrilen Details. Zehn davon sollte man in jedem Fall kennen. Source URL for above info: https://www.focus.de/politik/deutschland/sein-hof-seine-nazi-sprueche-seine-schueler-die-skurrile-welt-des-bjoern-hoecke_id_260270100.html

Der thüringische Spitzenkandidat Björn Höcke verzichtet auf einen Wahlkampfauftritt im TV. Grund sei die Gesamtbelastung, hieß es. Am Donnerstag gehe der Wahlkampf wie geplant weiter, sagte ein AfD-Sprecher dem SPIEGEL. Source URL for above info: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bjoern-hoecke-afd-politiker-zieht-sich-voruebergehend-aus-wahlkampf-zurueck-a-f18484ab-e1ee-4edd-b935-646570930d49

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